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Erstens kommt es anders, ... (Teil 8)

von Kiwiina


-8-

Alex:

Nervös schritt ich auf dem Kiesweg, der durch den Stadtpark führte, auf und ab, während ich angespannt an einer Zigarette paffte, die schon beinahe bis auf den Stumpf herab gebrannt war.
Nachdem ich Noemi gestern Abend nach Hause gebracht hatte, hatte noch während ich auf dem Weg zu mir gewesen war, mein Handy geklingelt und wir hatten uns für heute erneut verabredet.
Mir war es wichtig gewesen, sie sicher nach Hause gebracht zu haben. Ohne Hintergedanken, ohne irgendeine Erwartung einer Gegenleistung, einfach nur mit dem Wunsch sie noch ein wenig länger in meiner Nähe haben zu können und der Gewissheit, dass es ihr gut ging.
Irgendwo auf dem Heimweg war aus dem angespannten Herumgedruckse zwischen uns eine Art vertraute Plapperei entstanden. Ich hatte mehr von ihrer Heimat erfahren, von ihrer Familie und ihren Hobbies. Hatte erfahren, dass sie neben vielen Sportarten außerdem gerne strickte und mir versprochen auch einmal etwas für mich zu stricken. Ich hatte ihr erzählt wie gerne ich las und Musik machte. Und dass ich neben der Schule in einem Buchladen arbeitete, in der man tolle alte Werke in Originalsprache finden konnte.
Als wir endlich vor ihrer Haustür standen, umarmte sie mich zum Abschied und ich musste dem Wunsch sie zum Abschied küssen zu wollen stark widerstehen. Ich wollte sie einfach nur wiedersehen und das am liebsten so schnell wie möglich. Wir tauschten unsere Handynummern aus und als sie mich dann, nur einige Augenblicke später, tatsächlich anrief, flatterte mein Herz vor Aufregung.

Nun stand ich hier. Mit klopfendem Herzen und die Aufregung, die mich gestern noch beflügelt hatte, fühlte sich mittlerweile beinahe unerträglich an.
„Oh Gott, ey...“ Die Worte entwischten meinem Mund beinahe unbemerkt.

„Du kannst mich auch Noemi nennen...“ Überrascht wirbelte ich herum. Noemi war völlig unerwartet hinter mir aufgetaucht und grinste mich an.
„Entschuldige bitte, dass ich zu spät bin, ich bin wohl eine Station zu früh ausgestiegen und musste länger laufen als ich gedacht hatte.“
Sie lächelte mich entschuldigend an.
„Ach, macht doch nichts“, entgegnete ich ihr.
Bei ihrem Anblick konnte ich einfach nicht anders als ebenfalls zu Lächeln. Ihre blonden Haare glänzten in der späten Abendsonne, während mir ihre blauen Augen entgegen strahlten. Sie war genauso schön, wie ich es in Erinnerung hatte...

„Also …was sollen wir machen?“ Noemi sah mich erwartungsvoll an.
Ich hatte den Park vorgeschlagen, weil es einer von meinen absoluten Lieblingsplätzen in der Stadt war. Im Sommer pflanzten die Stadtgärtner hier überall bunte Blumenbeete an und an dem kleinen Fluss der in der Nähe vorbeifloss, konnte man zu dieser Zeit immer viele Kinder und Hunde planschen sehen.
Aber nun, auch wenn es schon zu spät für den Weinachtsmarkt war, hatten immer noch einige kleine Holzhütten ihre Stände am Rathausplatz in der Nähe eröffnet.
„Lass dich einfach überraschen!“ Ich zwinkerte Noemi zu.
Wir folgten dem Duft von Glühwein und gebrannten Mandeln und befanden uns schon bald in einer Menschenmenge, die sich um die Stände drängte. Es war so eng unter all den Leuten, dass sich Noemi ganz nah bei mir halten musste, um mich nicht aus den Augen zu verlieren.
Vielleicht hatte ich das ja sogar ein wenig beabsichtigt. Bei diesem Gedanken fühlte ich wie meine Wangen zu glühen begannen.
Als ich mich gerade an einem recht stämmigen Mann vorbei zwängte, spürte ich wie Noemi nach meiner Hand griff und sie eng umschlungen hielt, bis wir den nächsten Stand erreichten. Erst als wir vor dem kleinen Laden hielten, ließ sie wieder los. Unsere Augen trafen sich für einen kurzen Moment und als ich ihren verlegenen Blick sah, spürte ich mein Herz für einen Augenblick schneller schlagen. Mit einem breiten Grinsen bestellte ich uns zwei Tassen Glühwein.

„Auf einen wunderschönen Abend!“ prostete ich ihr zu, während ich umständlich versuchte meinen Geldbeutel mit meiner freien Hand wieder sicher in meiner Umhängetasche zu verstauen, ohne das dampfende, rote Gebräu in meiner anderen Hand zu verschütten.

„Da bin ich mir ganz sicher ...“
Ein wenig perplex blickte ich in Noemis funkelnde Augen, während ich ihren Satz immer noch leicht hallend in meinen Ohren vernehmen konnte. Bestimmt war das nicht in Ansätzen so anspielend gedacht gewesen, wie es mein voreingenommener Kopf verstanden hatte... oder doch?
„Ist das ein Versprechen...?“ fragte ich neckend im Gegenzug.
Noemi lachte. Doch dieses Mal war es nicht so verlegen wie ich es eigentlich von ihr in diesem Moment erwartet hätte. Mein Herz rutschte mir in die Hose. Mit einer kleinen Geste hatte es das hübsche, blonde Mädchen doch tatsächlich geschafft elegant die Kontrolle über mich zurück zu gewinnen. Wie war es nur möglich, dass ich von so wenigen Kleinigkeiten eines Menschens derartig verzaubert werden konnte!? Was um Himmels Willen stellte diese Frau nur mit mir an?
„Komm mit, der Stand da drüben ist bestimmt was für dich!“ Ich setzte mich rasch in Bewegung um eine etwaige peinlich berührte Stille meinerseits bereits im Keim zu ersticken. Hoffentlich hatte ich es geschafft mein Gesicht rechtzeitig von Noemi abzuwenden, sodass sie nicht gemerkt hatte, wie stark der Einfluss war, den sie auf mich hatte. Denn während meine frierenden Hände dankbar den warmen Becher zwischen ihnen umschlungen, glühten meine Wangen auf Hochtouren vor sich hin...

Tief sog ich die kühle Luft ein, bevor ich es wieder wagte mich zu Noemi umzudrehen, als wir endlich den kleinen Laden mit den selbstgemachten Woll- und Filzwaren erreichten.
„Uuuuuh, mein Gott sind die süß!“, stieß Noemi, offensichtlich begeistert hervor. Sie stellte ihren Glühwein auf der kleinen Theke des Ladens ab und begann ihre Finger über die weiche Wolle streifen zu lassen.
„Fühl die mal, die wäre echt klasse für eine Kuschelmütze!“ Auffordernd blickte sie mich aus ihren dunkelblauen Augen an, während sie mir ein dickes Knäuel weißer Wolle entgegenstreckte. Gehorsam zog ich meine Handschuhe aus und verstaute sie in meiner Tasche, bevor ich zu ihr trat. Hier hatte man wenigstens ein bisschen Platz und nicht gleich die Angst erdrückt zu werden. Offensichtlich wurde Noemis Begeisterung für die Strick- und Häkelartikel nur von den wenigsten Besuchern hier geteilt.
Noemi schien zu bemerken, was ich dachte und meinte nur: „Gut wenn man so erlesene Hobbies hat, oder?“ Sie grinste. „Dann trampelt uns wenigstens keiner auf den Füßen rum.“
Ich lachte... „ist mir auch ein einziges Rätsel, wie man dem Charme der Wolle NICHT erliegen kann.“
„Hey … “ gespielt empört stupste sie mich in die Seite. „... sei nicht so gemein, hier haben viele Dinge ihren ganz eigenen Charme!“, gab sie überzeugt von sich, während ihr neugieriger Blick über die ausgestellten Sachen schweifte.
Mein Lächeln gefror für einen Augenblick.

„Das stimmt ... aber etwas bestimmtes ganz besonders...“
Beinahe unmerklich erstarrte Noemi in ihrer Bewegung. Ich biss mir auf die Lippe... Wieso hatte ich das jetzt gesagt? Musste ich gleich immer übertreiben? Aber ich konnte einfach nicht anders. Es war nunmal einfach die Wahrheit. Sie hatte einen ganz besondern Charme. Einen Charme, dem ich einfach nicht widerstehen konnte, egal wie sehr ich mich auch um Mäßigung bemühte.
Verlegen blickte ich an Noemi vorbei, als sie sich endlich zu mir umdrehte. Ich wagte es nicht ihr in die Augen zu sehen, zumal ich abermals drohte rot anzulaufen.

Noemi kam langsam auf mich zu. Verzweifelt bemühte ich mich darum, mein nervöses Herzklopfen wieder in den Griff zu bekommen. Erst als ich etwas weiches an meiner Stirn und auf meinem Kopf spürte, wagte ich es endlich aufzublicken. Die hübschen, blauen Augen funkelten direkt vor mir, während Noemi mir vorsichtig eine flauschige Mütze auf den Kopf setzte. Nachdem sie mit der Platzierung dieser zufrieden war, strich sie mir eine meiner Haarstränen aus dem Gesicht.
Ich erstarrte, als mich ihre warmen Finger berührten.
Sie sah mir direkt in die Augen, mit einer Mischung aus Zuneigung und Unentschlossenheit. In dem Moment, in dem ihr Blick auf meine Lippen fiel, wusste ich, dass sie mit dem Gedanken spielte mich zu küssen.
In mir brodelte es... und die Kombination aus Begehren und Hingerissenheit hätten nur allzu gerne, die Oberhand gewonnen. Doch dieses Mal würde ich nicht diejenige sein. Dieses Mal, würde ich ihr die Entscheidung und die Kontrolle darüber überlassen was und vor allem wann es geschehen würde. Damit ich endlich wusste, dass sie es mindestens genauso sehr wollte, wie ich!

Plötzlich hörte ich sie tief einatmen, bevor sie sich mir wieder entzog.
„Hübsch siehst du aus... einfach nur hübsch!“ .. Sie konnte sich ein Prusten nicht verkneifen, also ging ich davon aus, dass ich eine Mütze von ganz besonderer Scheußlichkeit auf meinem Haupt durch die Gegend spatzieren trug.
Ich drehte mich zu dem Standbesitzer um, der einige Spiegel auf seinem Tresen liegen hatte und schnappte mir einen davon.
Als ich das grüne, plüschige Wunderwerk zum ersten Mal in voller Pracht sah, musste ich laut Lachen. Zwei große, weiße Glubschaugen strahlten mir von der grünen Oberfläche entgegen, während mir ein breitgrinsendes Froschgesicht entgegen strahlte.

„Was zum...“ Verdutzt sah ich Noemi an. Die allerdings kicherte nur amüsiert, schnappte sich ihren Glühwein vom Tresen und schlüpfte durch eine Lücke zwischen zwei aufgehängten Decken aus meiner Sichtweite.
Noch immer grinsend setzte ich die Froschmütze zurück auf ihren Platz, bevor ich ebenfalls meinen Glühwein nahm und ihr folgte.
Ich musste mich kurz oientieren, bevor ich sie in Richtung einer Bank hinter den Ständen gehen sah.
Sie setzte sich und sah mich erwartungsvoll an. Als ich neben ihr Platz nahm, hatten wir immer noch beide ein Lächeln im Gesicht.
„Schön, dass ich dich so zum Lachen bringen konnte.“ hauchte ich ihr ironisch entgegen. Wieder erklang dieses süße Kichern.
„Ich finde man darf nie aufhören auch mal ein bisschen kindisch zu sein, oder?“ Sie grinste mir zu, während sie einen Schluck aus ihrer Tasse nahm.

„Seh ich genauso, ich war aber auch auch ein verdammt hübscher Frosch“, gab ich ihr nun ebenfalls kichernd zurück.
„Trotzdem … küssen wolltest du mich so trotzdem nicht, oder?“ Schelmisch grinste ich sie von der Seite an. Noemi dagegen prustete in ihre Tasse und verschluckte sich an dem süßen Wein. Mit dieser Anspielung hatte sie wohl nicht gerechnet.
Unsicher sah sie mich an.
„Was meinst du damit?“ Noemis Wangen erstrahlten nun ebenfalls in einem zarten rot. Süß wie sie da so saß, ihren Becher umklammerte und mich grübelnd anstarrte.

„Naja … immerhin hätte ja auch ein edler Prinz aus mir werden können!“ Erlöste ich sie endlich aus der peinlichen Situation und lachte ihr entgegen.
Noemi lächelte nun ebenfalls wieder erleichtert.
„du meinst eine edle Prinzessin!“ Sie sah mich berichtigend an.
„Meinetwegen auch das.“ Ich grinste sie an.
Gerade als ich überlegte, ob wir als nächstes zu dem Stand mit den Süßigkeiten weiterziehen sollten, hörte ich Noemi plötzlich etwas flüstern.

„Darf .. ich es probieren?“
„Was?“ Mein Lächeln verblasste.
Sie rutsche näher zu mir und legte ihre Hand auf meine.
„Ich … ich würde dich gerne küssen.“ Sie blickte mich nervös an. Da wir beide immer noch keine Handschuhe trugen, spürte ich ihre Finger leicht zittern, während sie meine immer fester umschlossen.
Warum sagte sie mir das? Sie hätte mich jederzeit küssen dürfen, im Gegenteil, ich hatte doch den ganzen Abend nichts anderes gewollt.
„Auch wenn ich kein Frosch mehr bin und aus mir keine Prinzessin werden sollte?“ Ich lächelte sie an. Meine Worte zitterten leicht, während ich mein Herz immer schneller schlagen spürte.
Auch sie lächelte mich nun an. „Ja...“
Die Geräusche um uns herum verschwommen zu einem einheitlichen Rauschen. Ich musste schwer schlucken.
„Dann küss mich einfach ...“ Meine Stimme drohte zu ersticken. Ich konnte kaum noch ruhig atmen, stattdessen sog ich die Luft um mich herum nur noch kaum merklich in tiefen Zügen ein.
Noch ein letztes Mal begegnete sich unser verlegener Blick, bevor ich meine Augen schloss. Ich spürte ihre Hand, die meine sanft umklammerte, als sie zuerst schüchtern meine Wange küsste. Ein leises Stöhnen entwich meinem Mund, als ich Ihre weichen Lippen auf meiner Haut spürte. Noemi schmiegte sich nun mit ihrem Körper an mich. Ich fühlte die Wärme die von ihr ausging und ihren sanften Atem.
Als sie mich endlich küsste, elektrisierten mich ihre weichen Lippen bis in die Zehenspitzen. Sie schmeckte nach den süßen Nelken des Glühweins und ihre Zunge war noch warm von dem letzten Schluck den sie genommen hatte. Beinahe überrumpelte mich die Erregung die sie in mir auslöste. Von der Mitte meines Körpers ausgehend, konnte ich ein gewaltiges Kribbeln in allen Teilen meines Körpers spüren und eine wohltuende Wärme durchflutete mich mit jedem Moment mehr. Mit einem leisen Seufzer löste sie sich endlich von mir.
Beinahe war ich froh, dass sie sich zurück zog, da ich sonst nicht gewusst hätte, wie ich jemals wieder hätte damit aufhören können sie küssen zu wollen.
Mit glühendem Gesicht sah ich sie an. Sie lächelte.
„Weißt du was? … Ich hätte jetzt wirklich Lust auf etwas Süßes.“ Sie stand auf und zog mich auf die Beine.
„Ach … bin ich dir etwa nicht süß genug?“ Witzelte ich noch immer leicht verlegen. Sie grinste mich an und nahm meine Hand.
„Doch bist du, aber wenn ich dich jetzt anknabbern würde hättest du bestimmt trotzdem was dagegen oder?“ Sie zwinkerte mir zu und ich musste Lachen.
„In Ordnung, du hast mich überredet, lass uns gehen.“



copyright © by Kiwiina. By publishing this on lesarion the author assures that this is her own work.



comments


Nicht verzweifeln
Kiwiina - 20.06.2016 02:13
Fortsetzung folgt?
MaxiClara - 09.06.2016 21:59
Wann/Wie geht's weiter
Elalein1980 - 25.05.2016 22:04
WOW
also echt unglaubliche Geschichte. bin auf dafür das die Geschichte weitergeht =)
Kribbeln im Bauch und herzrasen beim lesen hat man nicht bei jeder Geschichte.
Klasse schreibstil, solltest dich an einen Verlag wenden
F0wlenAngel - 18.04.2016 16:27
wann geht's weiter?
EunectesMurinus - 17.04.2016 19:42

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