Ihr Bruder hat mich zu Ihr geschickt!

von Wooonzalla


Ich, eine ganz normale Angestellte an einer Tanke, hatte meine Schicht wie immer runter gespult.
Die Kunden standen Schlange und immer und immer wieder mein Standartsatz …
„Hallo, die Nummer ?! Möchten Sie noch etwas zu Essen oder zu Trinken dazu? Nein!? So und so viel € bitte“
„Danke, einen schönen Tag noch“
Die nächste Kundin wollte 2Schachteln Pall Mall blau für 5€ … ich drehte mich um hol die, die ich brauche, leg Sie hin und verlange höflich das Geld von Ihr. Sie bedankt sich, dreht sich um und sagt „Tschüss, schönen Tag noch“ …
Erst da wurde ich aufmerksam, schaute Ihr hinterher, musterte Sie von oben bis unten dachte nur „Hoppalla, wer bist Du denn?“ Mmmmh...
Nun gut, der nächste Kunde war an der Reihe. Ich hatte ja schließlich nen Job zu erledigen und dazu auch eine Partnerin. Wir sahen uns recht selten, weil wir beide im 3Schichtbetrieb arbeiteten.

Nächster Tag, in etwa dieselbe Uhrzeit, wieder dieselbe Frau! Diesmal waren es 2 Schachteln Pall Mall blau für 5€ und 2 JPS rot für 5 € … Auch die gab ich Ihr, bekam das Geld und schon war Sie auch wieder weg.
Ich fragte mich... wer ist diese Frau? Und warum habe ich Sie vorher noch nie hier gesehen? Aber vor allem beschäftigte mich... warum interessiere ich mich so für diese Frau, obwohl ich eine Freundin habe? Ich meine... ich bin glücklich!! Zumindest dachte ich es bis dahin.
Am Tag darauf war ein guter Kumpel bei mir, er trank gemütlich einen Kaffee und wenn es die Kundschaft zuließ, konnte ich immer mal wieder mit Ihm plaudern.
Die Ladentür ging auf und wieder kam SIE herein. Ich lächelte und Sie meinte dieses mal, dass Sie diesmal KEINE Zigaretten braucht. Stattdessen hatte Sie einen Tankgutschein Ihres Arbeitgebers und bestellte noch einen Kaffee zum mitnehmen... Dieses mal hatte Sie eine Brille auf (Man sah Sie gut aus!!) Ich war erstaunt! „Um 18:30Uhr noch ein Kaffee, da könnte ich aber nicht mehr schlafen“ meinte Ich und versuchte so, in ein Gespräch mit Ihr zu kommen, aber die weitere Kundschaft machte mir einen Strich durch die Rechnung. Ich gab Ihr also den Kaffee, welchen Sie gefühlte 20min rührte und mich, ich spürte es, beobachtete. Wie gesagt, ich hatte keine große Zeit, mich mit Ihr zu beschäftigen. Als Sie ging, meinte mein Kumpel, der in Ihrer nähe saß und Sie beobachtete, dass Sie auf mich steht!
„Ach Quatsch“ meinte ich „nur weil Sie jetzt 5min da stand und den Kaffee gerührt hat?! Nix da, außerdem hab ich ne Partnerin!“
Aber: War ich wirklich glücklich? Während meiner 3 Beziehungen war ich immer treu und mich hatte währenddessen auch nie jemand anderes interessiert. Aber dieses mal? Ich interessierte mich für diese Frau und hinterfragte meine Beziehung. Wir sahen uns kaum und wenn, war ich genervt und wollte am liebsten alleine sein. Gemeinsamkeiten?! Gab es keine. Meine Partnerin ist hier aufgewachsen und hat kaum Freunde. Kennt sich kulturell hier überhaupt nicht aus... für Sie bestand das Leben nur aus Arbeit, Eltern, Bier-Jim Beam und schlafen.
Ich dagegen wollte gerne wissen, wie das Umland hier so ist, wo ich vor 6 Monaten hingezogen bin, Leute kennenlernen, was unternehmen usw. In die Stadt, einen Kaffee trinken und Leute beobachten und nicht einfach nur in der Bude sitzen.
Ich kam zu dem Schluss, dass es so nicht weitergehen könne und ich mich wohl trennen muss.


Das ganze beschäftigte mich. Meine Gedanken kreisten ohnehin nur noch um SIE. Wer ist Sie? Hat Sie ne Freundin? Ist Sie überhaupt lesbisch? Mein Kumpel meinte dann ich solle es halt raus finden. Auf dem Gutschein steht bestimmt deren Name und dann soll ich googeln. Gesagt, getan.
Bettina , also... na mal schauen, was man über Handy im Netz so über dich findet und siehe da?! Eine, die mit Ihrem Ehemann die Kirche unterstützt. Typisch dachte ich nur... warum sollte es auch anders sein. Tzzz!
Mein Kumpel war trotzdem nicht von seiner Meinung ab zu bringen und beharrte darauf, dass Sie auf mich steht.

Nun gut... Am darauffolgendem Tag wartete ich auf die große Unbekannte aber es tat sich nichts. Ich erhoffte mir sogar ein paar Zeilen von Ihr bei Facebook, aber auch da kam nichts. Ich muss sagen, ich war deswegen schon ein wenig traurig.
Mittwoch um 0:30Uhr hatte ich dann endlich Feierabend und bin schleunigst nachhause, ich wollte an meinem freien Tag meine beste Freundin (250km entfernt) besuchen. Aber zuerst musste ich doch noch mal mit dem Laptop nach IHR googeln.
Tatsächlich fand ich Ihr Profil bei Facebook, da stand weder was von einem Ehemann, noch über die Kirche oder einer evtl. Freundin. „STRIKE“ dachte ich und war mutig genug um Ihr ne Nachricht zu schicken. „Es ist ganz schön ungewohnt, wenn die Stammkundschaft ausbleibt. Liebe Grüße Anja“

Als ich ein paar Std. später aufwachte … keine Antwort. Ich fuhr also zu meiner Freundin, wir hatten einen wunderschönen, lustigen Tag verbracht und waren am Abend noch lecker Essen, ehe ich wieder nachhause fuhr. In der Zeit schaute ich immer wieder aufs Handy und … NEIN, keine Antwort!
Mir wurde immer mulmiger und hatte meinem Kumpel ne Nachricht geschickt, dass ich mich wohl voll zum Affen gemacht habe, indem ich Ihr eine Nachricht schickte, welche Sie nicht mal beantwortet hat.
Ich bekam weder Donnerstag noch Freitag eine Antwort und ich war sooo froh, dass ich erst Samstag zur Nachtschicht musste. So konnte SIE mich nicht an der Arbeit besuchen und mich auslachen.
Durch Zufall erfuhr ich dann, dass man bei Facebook nicht benachrichtigt wird, wenn ein „fremder“ eine Nachricht sendet und man Sie nur unter ´sonstiges´findet.
Ok, dachte ich, dann schick ich Ihr eben ne Freundschaftsanfrage (auf dass ich mich nochmal zum Affen mache)
Anfrage also versendet und dann legte ich mich noch ein wenig aufs Ohr damit ich die Nachtschicht gut überstehe. Irgendwann bekam ich die Meldung, das Bettina Meine Freundschaftsanfrage bestätigte … Boah hatte ich einen Kloß im Hals „Jetzt liest Sie bestimmt auch gleich meine Nachricht“ dachte ich 'bibber' und schon kam die Antwort.
„So so, Stammkundschaft also ;-) na dann muss ich doch mal wieder vorbei kommen“
Wir texteten ein wenig hin und her und erfuhren, dass wir im selben Ort wohnten. Sie erzählte mir, dass Sie derzeit im Krankenstand ist... Ich hakte weiter nach und erfuhr, dass Ihr Bruder seit 9 Wochen im sterben liegt.
Klar Anja, wieder so ein Fettnäpfchen das du nicht auslassen kannst SUUUPER!!!
Ich entschuldigte mich bei Ihr und wir verabredeten uns für die Nacht. Ein bisschen Ablenkung würde Ihr bestimmt gut tun, meinten wir beide.
Ich hatte nicht damit gerechnet, dass Sie wirklich Nachts zu mir an die Tanke kommt, aber plötzlich stand Sie vor mir. Gab mir die Hand und stellte sich vor! Fester Händedruck – beeindruckend!!
Sie saß also da, wir unterhielten uns – auch über Ihren Bruder – und dann meinte Sie, dass mein „Fettnäpfchen“ mir nicht peinlich sein muss … Sie hätte es ja auch nicht erwähnen müssen, aber Sie hatte vertrauen zu mir (warum auch immer) und erzählte mir von Ihm.
Und dann kam der Satz, den ich in meinem ganzen Leben nicht mehr vergessen werde.
„Aber ich kann dich beruhigen, mein Bruder hat es geschafft! Er ist heute Nachmittag gestorben“
Ich stand da, es lief mir eiskalt den Rücken herunter, Gänsehaut am ganzen Körper und war Sprachlos.
Ich sprach mein Beileid aus und stand da wie ein Trottel... Nach einiger Zeit unterhielten wir uns über alles und nichts, Sie lachte sogar … wir verstanden uns und waren sofort auf einer Wellenlänge. Um 4Uhr hab ich Sie dann nachhause geschickt und bot Ihr an, mich in der Nächsten Nacht wieder besuchen zu kommen, wenn Ihr danach ist.
Sie kam … wir quasselten wieder und meiner Meinung nach knisterte es auch zwischen uns beiden. Aber mein Gewissen überrumpelte mich und schließlich erzählte ich Ihr von meiner Partnerin. Aber auch davon, dass ich nicht glücklich bin und mich früher oder später wohl trennen werde. Gleichzeitig beobachtete ich Sie und erhoffte mir irgendeine Reaktion, aber Sie verzog keine Miene. Nichts!!
Im selben Atemzug erzählte Sie mir von Ihrer Freundin. Oder Affäre? Sie wusste selbst nicht, was das ist...
„Warum kann nicht einfach alles mal EINFACH sein?!“ dachte ich.
Aber hey … Wir verstehen uns super, warum kann da nicht einfach auch ne gute Freundschaft entstehen?

Am nächsten Abend verabredeten wir uns in einer Bar zu einem Drink und es knisterte gewaltig.
Ich brachte Sie dann zum Auto, umarmte Sie nur kurz und verabschiedete mich schnell, aus Selbstschutz, damit ich Ihr nicht um den Hals falle. Diese Frau hat es mir gewaltig angetan. Ihr Glück, dass ich schüchtern bin.
Meine Partnerin hatte Spätschicht und kam nicht vor 23Uhr nachhause, also lud ich .Bettina zu mir ein...
Dieses knistern … ich war so mutig und hab Sie wissen lassen, dass ich ganz nervös bin, wenn Sie in meiner Nähe ist. Und … „hätte ich keine Freundin und wäre ich zudem nicht so extrem schüchtern, würde ich Sie jetzt küssen wollen!“
Dieses Biest wusste ganz genau, wie Sie mich zur Weißglut bringen konnte. Sie spielte mit mir … Versuchte eine Kissenschlacht und unternahm einiges um mich verlegen zu machen. Meinte aber selbst auch, dass es schon schwierig ist „Eigentlich würde man ja gerne, aber man darf ja nicht“ waren Ihre Worte.
Das ging eine ganze Zeit so und schließlich brachte ich Sie wieder zum Auto... da ging das ganze dann weiter. Man würde ja, aber man darf nicht. Wir standen uns eine ganze Zeit lang ggü, hippelig, nervös.
Ich erwähnte wieder, dass ich für den ersten Schritt einfach zu feige bin und auch, dass ich mir keine Ohrfeige einfangen will. Wir sind beide über 30 und benahmen uns wie Teenies. Das ist echt unglaublich!!
Schließlich fragte Sie mich dann, ob Sie mir einen Schritt näher kommen soll und tat es. Ich legte meine Hände um Ihre Hüften, es fühlte sich unheimlich gut an, aber Sie küssen?? NIEMALS!!
Es dauerte weitere 5 Minuten, bis wir uns endlich getraut haben und es war Atemberaubend schön. Wir knutschten mitten auf dem Großparkplatz in der City, ob uns jemand sieht, war uns in diesem Moment tooootal egal, wir genossen einfach. Als Sie dann wegfuhr und ich nachhause ging war ich auf Wolke 7. Noch nie fühlte ich mich derart beschwippst bei einem Kuss, wie diesem. Es zog mir quasi die Füße unter dem Boden weg. Es war... Mmmh es war einfach WOW!!!

Am Tag darauf bat ich meine Partnerin um einen Spaziergang, ich wollte mit Ihr reden. Ich meinte, dass ich mir momentan meiner Gefühle nicht sicher bin, ich Abstand aber auch vor allem Zeit brauche. Ich empfinde nicht mehr das, was es mal war. Von dem Kuss am Vorabend erzählte ich nichts.
Bettina und ich trafen uns immer öfter und ja, wir hatten auch Sex. Komischerweise hatte ich dabei gar kein schlechtes Gewissen. Im Gegenteil … es ging mir hervorragend. Das Bettina sich von Ihrer Freundin nicht trennen will, nahm ich so hin. Damit konnte ich umgehen. Schließlich wohnt Sie gut 350km weit weg und Sie sahen sich nur (wenn überhaupt) alle 8-12Wochen mal. Ich sah die besseren Karten bei mir. Ich wollte mit fairen Mitteln kämpfen.
Nach ein paar Wochen, spielte ich bei meiner Freundin mit offenen Karten und erzählte ihr Schonungslos von Bettina unserer „Affäre“ und auch, dass ich mich trennen werde. Sie nahm es erstaunlich gut auf. Zu gut, wie sich leider im nach hinein herausstellte! Aber das ist ein anderes Thema.
Am Abend war ich bei Bettina zum Essen eingeladen. Ich war (Für mich) offiziell als Single bei Ihr. Nach dem Essen habe ich h erzählt, dass ich mich von meiner Freundin getrennt habe, Sie lächelte mich an und freute sich. Wir hatten einen echt schönen Abend und nach ein paar Std. erwähnte Sie ganz beiläufig, dass Sie seit heute ebenfalls Single ist.

Tja, von da an, war der Weg für uns beide frei.
„Ich bin ihr Engel“ sagte Sie „Der Engel, den Ihr Bruder zu Ihr geschickt hat“ Sie wartet nur noch darauf, dass mir Flügel wachsen.

Wir sind jetzt ein gutes halbes Jahr zusammen und es ist alles noch wie am 1. Tag. Jedes mal, wenn ich Sie sehe, kribbelt es überall. Manchmal, wenn ich sie ansehe, kann ich kaum glauben, dass ich eine so tolle Frau an meiner Seite habe. Meine Familie ist ganz hingerissen von Ihr und Ihre Eltern haben mich vom ersten Tag an sofort in Ihr Herz geschlossen.
Natürlich reden wir viel über Ihren Bruder, den ich sehr sehr gerne kennengelernt hätte und immer wenn ich in den Sternenhimmel sehe, bedanke ich mich bei Ihm, dass er MICH zu seiner kleinen Schwester geschickt hat.