von Mellimi
Ihre zarte Hand umfasst meine zitternde rechte, und zieht mich durch die vielen Jungs mit den hässlichen Fratzen zur Tür und dann nach draußen in die vorsommerliche Nacht.
Ganz in der Nähe der Party befindet sich ein Park mit einem kleinen See, vielen Bäumen, einem plätschernden Bach. Ein echt romantisches Plätzchen. Ich wusste nicht, dass sie diesen Ort kannte, aber sie zog mich, wie selbstverständlich, dorthin.
Erst als wir dort ankommen, verlangsamt sie ihren Schritt, bleibt schließlich in der Nähe des Sees stehen, dreht sich so zu mir, dass wir uns gegenüber stehen und lässt meine Hand los. Schon wieder dieser tiefe Blick, durch den alles um uns herum unwichtig wird. Eine ganze Weile passiert nichts. Wir stehen einfach nur so da und sehen uns an. Dabei wird mir abwechselnd heiss und kalt. Was passiert hier ?
Nach einer Weile unterbricht sie die Stille mit ihrer sanften Stimme, die mir eiskalt den Rücken herunterläuft. "Du wolltest mit mir reden. Das trifft sich gut, ich wollte dir nämlich auch etwas sagen, was ich schon eine ganze Zeit lang mit mir herumschleppe. Aber sag du erstmal. Was ist denn los?" Eine einsame Träne, die beim letzten Satz aus meinem Auge kullert, bringt sie dazu meine Hände wieder in ihre zu nehmen und zart darüberzustreichen. So stehen wir uns also gegenüber und ich würde am liebsten meine Entscheidung, ihr alles zu beichten wieder zurücknehmen, aber jetzt gibt es kein Zurück mehr. Und so beginne ich schweren Herzens und mutlos mit meiner Erklärung. "Weißt du, du kannst dich doch noch an unseren Kuss erinnern, oder?" Dass ich ohne viele Umschweife gleich auf DAS Thema komme, hat sie wohl nicht erwartet, denn sie zuckt bei meiner Konfrontation damit etwas zusammen, doch sie nickt und bekräftigt diese Geste mit einem "Ja, natürlich." Das ist das Zeichen für mich, mit meinen Ausführungen fortzufahren, doch zunächst werfe ich einen kurzen Blick auf meine Sarah, um eventuell einen Teil ihrer Gedanken in ihren Augen nachvollziehen zu können. Ist aber unmöglich. Sie schaut völlig neutral. Ich richte meinen Blick wieder auf eine Tulpe, die im Mondlicht glänzt und mache endlich den Mund auf, um es ihr zu sagen. Ihr zu sagen, wie viel mir der Kuss bedeutet hat. Um ihr zu sagen, welche Gefühle sie in mir auslöst. Ihr zu sagen, dass ich sie liebe. Doch alles was aus mir herauskommt ist ein erschöpftes Seufzen.
Völlig kraftlos, lasse ich mich auf die nächste Parkbank fallen. Die Ellbogen auf die Knie gestützt und mein Gesicht wiederum in meine Hände gelegt, rieche ich wie ihr süßer Duft näher kommt und sie sich nach wenigen Schritten im noch feuchten Gras neben mich auf die Bank setzt. Durch den dünnen Stoff meiner Bluse spüre ich, wie sich ihre warme Hand um meinen Rücken schlingt und schließlich liegen bleibt. In diesem Augenblick fällt ein Großteil der Anspannung von mir ab, die sich in den letzten Monaten aufgebaut und immer wieder verdoppelt hat. Meine Tränen kann ich jetzt nicht mehr zurückhalten.
Das wird mir alles zuviel ! Und doch. Ich muss mich beherrschen. Ich will ihr klar machen, dass es mir ernst ist. Da darf ich mich doch nicht aufführen, wie ein kleines Kind. Erstmal Tränen mit einem Taschentuch abwischen, Nase putzen, dann einmal Augen schließen und tief Luft holen und mich zu ihr drehen.
Als unsere Augen sich wieder auf einer Linie befinden, kommen letzten Endes doch die alles entscheidenden Worte über meine Lippen. "Dieser Kuss hat für mich sehr viel bedeutet." Sie setzt an, um einen Kommentar dazu abzugeben, doch ich lege ihr meinen Finger auf den Mund, um ihr zu zeigen, dass sie mich erst einmal fertig anhören soll. "Ich bin mir vollkommen sicher, dass dieser Moment, der Wundervollste in meinem ganzen bisherigen Leben war! Du hast damit meine Welt durcheinander gebracht und auf den Kopf gestellt. Eigentlich hast du mich schon bei unserer ersten Begegnung aufgewühlt. An Liebe auf den ersten Blick glaube ich nicht wirklich, an Verliebtsein auf den ersten Augen-Blick schon ! Und dieses Verliebtsein hat sich mittlerweile entwickelt. Sarah", diesmal bin ich es, die ihre Hand nimmt. "Sarah, ich," ein kurzer, verlegener Blick auf den Boden, dann mit fester, sicherer Stimme und einem direkten Blick in ihre wundervollen Augen. "Ich liebe dich !"
Sie sagt gar nichts. Mit demselben Gesichtsausdruck sitzt sie noch immer regungslos neben mir und schaut mir in die Augen. Meine Hand hält immer noch ihre. Ihr anderer Arm liegt noch immer auf meinem Rücken. Aber sie ist plötzlich wie versteinert. Nur ihre Pupillen zucken etwas nervös hin und her. Je mehr Zeit so vergeht, desto mehr kehrt meine Unsicherheit zurück. Dann endlich dreht sie den Kopf zur Seite und blickt auf den Horizont. "Sag doch bitte was! Irgendwas.", flehe ich sie an, damit diese unerträgliche, kalte Stille beendet wird.
Sie bleibt zwar immer noch stumm, beginnt jedoch jetzt, sich von mir zu lösen, nimmt ihre Hände wieder zu sich, steht auf und tapst langsam den sandigen Weg zur Stadthalle zurück. Ich springe auf, will sie davon abhalten, zu gehen, möchte, dass sie sich dieser Situation stellt, laufe ihr einige Schritte hinterher und rufe "Sarah, bitte!" Wieder tropfen Tränen auf den Boden.
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