Was aus Smalltalk alles werden kann (8)

von Mellimi


"Ich hab‘ eine Idee!"
Erleichterung macht sich in mir breit. Der Anfang ist gemacht. Nach meiner Aufforderung "Erzähl", sprudelt es aus ihr heraus und sie erklärt mir detailliert, wie sie sich unsere Arbeit vorstellt.
Die ganze Zeit hat sie ein breites Lächeln auf ihrem Gesicht. Ich möchte es erwidern, bringe aber nur ein gequältes Grinsen hervor. "Dir gefällt es nicht", bemerkt sie enttäuscht. "Doch, doch, ich finde die Idee gut!" Das war mein Ernst. Die Idee war wirklich nicht schlecht. Sie wollte irgendwie eine Statue in Dessous fotografieren, am Computer bearbeiten und mit einem coolen Spruch versehen. Aber ich kann nicht so gut zeigen, dass mir ihr Einfall gefällt. Dafür bin ich zu aufgewühlt.
Wir überlegen uns noch die weitere Vorgehensweise und dann war die Stunde auch schon wieder vorbei.
Die folgenden zwei Wochen, in denen ich zugegebenermaßen nicht sonderlich gut gelaunt war, arbeiteten wir hart an unserem Kunstprojekt und haben dann sogar 13 Punkte dafür eingeheimst. Kein schlechtes Ergebnis. Und selbst wenn ich froh war, als es mit der Partnerarbeit langsam dem Ende zuging, habe ich mir hinterher gewünscht, doch noch einmal so eine Aufgabe auferlegt zu bekommen.
Dabei konnte ich ihr nahe sein und wir haben miteinander geredet. Selbst wenn es sich nur um sachliche Dinge handelte, aber wir haben kommuniziert. Das alles änderte sich schlagartig mit der Fertigstellung. Sie ignorierte mich jetzt völlig, bis auf gelegentliche verständnislose Blicke oder leise Begrüßungen.
Ich leide wie ein Hund. Während die Temperaturen draußen wieder steigen und es langsam Frühling wird, wird es in mir immer kälter. Und ich hasse Kälte.
Katja hat mir den weisen Ratschlag gegeben, ich solle sie einfach vergessen. Ich soll Sarah einfach vergessen? Einfach ? Das ist in etwa so einfach, wie wenn man versuchen soll, das Atmen oder das Essen zu vergessen. Sie ist eben zu einem notwendigen Lebensbestandteil von mir geworden, den ich nicht einfach so wieder löschen oder vergessen kann.
Aber was soll ich tun ? Irgendetwas muss ich tun. Ich kann nicht einfach so zusehen, wie sie mein Leben auf den Kopf stellt. Soll ich ihr sagen, dass der Kuss für mich der schönste Augenblick meines Lebens war ? Soll ich ihr sagen, was sie mir bedeutet ? Dass ich sie liebe ?
Aber nein. Damit riskiere ich zuviel. Ich riskiere zuviel ? Was soll ich denn noch riskieren ? Ich hab doch nichts zu verlieren. Oder ? Nein, aber es braucht auch Mut, jemandem so etwas klar zu machen. Man darf das nicht einfach so daher sagen.
Ich will es ihr in einer romantischen Situation sagen. Ok. Das ist gut. Wenn der richtige Moment kommt, dann sag ich’s ihr. Nur, wie merke ich, was der richtige Moment ist ?
Na, das merke ich schon, denke ich mir und zum ersten Mal seit Wochen huscht ein Lächeln über mein Gesicht.
Mittlerweile ist es schon Ende April und am Abend ist eine Maifeier in der Stadthalle von meinem Dorf geplant. Katja und ein paar andere Freunde haben mich auch schon gebeten, mit ihnen dorthin zu gehen. Spontan wie ich manchmal bin, hab ich zugesagt.
Eigentlich hab ich gar keine große Lust, bei lauter Musik, die mir meistens nicht mal gefällt, mich mit halb-besoffenen Leuten in einen Raum zu quetschen. Wo da der Sinn vom Feiern geblieben ist, hab ich mich auch schon öfters gefragt. Wem’s Spaß macht ! Und ich geh auch hin. Katja wird anschließend bei mir übernachten, weil sie einige Kilometer von mir entfernt wohnt und mitten in der Nacht keine Möglichkeit hat, heimzukommen. Aber bei ihr hab ich keine Sorge. Mit ihr wird mir sowas nicht passieren. Sie stellt keine besondere Versuchung für mich dar. Sie ist einfach nur eine gute Freundin. Mehr nicht.
Schon 7 Uhr. Ich sollte mich langsam fertig machen