von Sandie579
No tears anymore – Keine Träne mehr
Jedes Lächeln hat eine Bedeutung, jede Träne einen Grund…
Jede Träne ist ein Teil des Weges in eine neue Zeit.
Die erste Träne ist Fassungslosigkeit!
Die zweite Träne ist Trauer!
Die dritte Träne sind Fragen!
Die vierte Träne bedeutet zweifelnde Frage!
Die fünfte Träne ist Wut!
Die sechste Träne ist Gleichgültigkeit!
Und die siebte Träne ist ein versuchtes Lächeln,
ein Lächeln auf den Weg in eine andere Zeit,
in eine bessere Zeit!
Anna hatte wahrhaftig nicht untertrieben, die Party war definitiv Ablenkung pur und ich hatte nach langer Zeit mal wieder richtig Spaß. Natürlich hatten die vielen Gläser Wein, welche ich doch getrunken hatte, ihren Anteil dazu beigetragen.
Ich schloss die Haustür auf, zog meine Jacke und Schuhe aus und ging ins Wohnzimmer. Ich machte ein wenig Licht und ließ mich auf die Couch fallen. Für einen kurzen Moment schloss ich die Augen, aber an Schlaf war irgendwie noch nicht zu denken. Ich war noch nicht müde, was bei mir absolut selten vor kam, aber das lag vielleicht am Alkohol, am doch leicht angeschwipsten Zustand oder es war heut einfach mal ein anderer Tag.
Ich erhob mich von der Couch und ging in die Küche. Im Kühlschrank befand sich noch eine kühle Flasche Wein und diese nahm ich heraus. Ich öffnete den linken Hängeschrank in der Küche und musste mich etwas strecken, um an die oberen Gläser zu kommen.
Was hatte ich mir damals nur dabei gedacht, diese Schränke so hoch zu hängen. Ich bin klein und zierlich!
Mit dem Glas und der Flasche Wein in der Hand, verließ ich die Küche wieder und kehrte ins Wohnzimmer zurück. Ich schaltete den Fernseher ein, öffnete die Flasche Wein, füllte das Glas und setzte mich auf die Couch.
Ich lehnte mich etwas zurück, trank ein Schluck aus meinem Glas und zog dann die Fernbedienung näher zu mir heran. Nachdem ich durch die ersten 5 TV-Programme geschaltet hatte, war mir klar, dass Abendprogramm taugt nicht wirklich was heute und doch schaltete ich ein wenig hoffnungsvoll weiter…
„Neee oder?!“, sagte ich plötzlich.
`Wann…wie lange ist das schon her…`
Mit einem Lächeln im Gesicht legte ich die Fernbedienung zufrieden auf den Tisch, nahm mein Glas erneut und trank einen großen Schluck. Nachdem ich mein Glas gleich wieder gefüllt hatte, lehnte ich mich zurück mit diesem, in die Kissen auf meiner Couch.
Es lief Cinderella 80, einer meiner absoluten Lieblingsfilme. Keine Ahnung wie oft ich diesen Film schon gesehen hatte, aber jedes Mal aufs Neue war oder bin einfach hin und weg.
Ja klar eine typische Liebesgeschichte…
Das Schicksal hat die hübsche Cindy mit einer tollen Stimme gesegnet, aber auch mit einer bösen Stiefmutter und zickigen Stiefschwestern, die sie wie Aschenputtel behandeln. Die 18-jährige Cindy wohnt in Brooklyn und hat sich mit Haut und Haar der New Yorker Pop-Szene verschrieben - kein Wunder bei ihrer Begabung als Sängerin und Tänzerin. Doch glücklich ist sie nicht. Zu Hause regiert die böse Stiefmutter Muriel, eine bigotte Bürgerstochter aus Philadelphia, die ihren Mann Harry, einem nach Amerika eingewanderten Italiener und fleißigen Pizzabäcker, mit Vorliebe seinen Fehltritt, dessen Resultat Cindy ist, vorwirft. Sie hat zwei eigene Töchter, Liz und Carol, weder besonders schön noch begabt, aber zickig. Muriel plant
eine Reise nach Rom, um die Musikausbildung an der Santa Cecilia Akademie zu beenden und bei dieser Gelegenheit auch einen standesgemäßen Schwiegersohn aus adeligen Kreisen zu finden. Notgedrungen nehmen sie Cindy mit. Noch auf dem New Yorker Flughafen lernt Cindy Mizio kennen, einen italienischen Musiker, der in Rom in einem Gewächshaus campiert. Die beiden verlieben sich und Cindy brennt nach einem bösen Krach mit der Stiefmutter mit ihm durch. Doch temperamentvoll, wie Cindy nun mal ist, hat sie auch Krach mit Mizio. Nach getrennten Wegen - die Cindy neben fatalen Abenteuern auch Erfolg als Sängerin bringen - treffen sich die beiden wieder bei einem großen Ball der adligen Familie Gheradeschi, zu der Mizio gehört. Ein "echter" Prinz, vor dem das Aschenputtel erst mal flüchtet - natürlich nur mit einem silbernen Schuh, wie es sich für ein richtiges Aschenputtel gehört.
…und abgerundet wird dieser Film mit der wundervollen Musik.
Sind wir doch mal ehrlich, wer träumt nicht davon…von der großen Lieben, welche einen unerwartet trifft und trotz Höhen und Tiefen für immer bestehen bleibt. Und zu „Stay-Bleib“– wollte sicher nicht nur ich, einmal mit seiner großen Liebe zusammen tanzen, sich küssen…aber naja das sind Träume, zumindest für mich…die Person, welche für immer bleibt…
Bleib!
Du bist mein Leben
Du bist meine einzige Hoffnung
Du bist meine Luft, die ich heute Nacht atme
Möchtest Du nicht hier neben mir Bleiben?
Bleib !
Wenn ich Dich sehe
ist dort ein glühen der Sterne darüber
Ich denke sie wissen, dass ich so verliebt bin
Ja, ich werde hier neben Dir bleiben
Tag für Tag
Fühle ich mich schwach in der Abendsonne
Bis Du kamst und Du warst derjenige
Nun bleibe ich neben Dir bleib
Nun, erinnernde Träume
Närrischer Parade
Brauche Dich nicht zu überreden
Hungrig auf ein Lächeln
Im Morgenmondlicht wird alles mit Dir in Ordnung sein
Nimm meine Hand
Alles was ich tun kann
Ist den ganzen Tag von Dir zu träumen
Mit geschlossenen Augen kann ich nur Dich sehen
Ja ich werde neben Dir Bleiben
Bleib !
Bleib an meiner Seite
Du bist meine Luft, die ich heute Nacht atme
Alles was ich will, ist Dich zärtlich zu halten
Ja ich werde neben Dir Bleiben
Bleib !
Für immer
Hier werde ich heute Nacht bleiben
Hier werde ich bleiben
… die Person, welche so…nur so, nur für mich fühlt und ich für sie…die gibt es nicht.
Klar war ich schon verliebt, nicht nur einmal und ja ich glaubte auch, die große Liebe bereits gefunden zu haben, aber wie es manchmal so ist, erstens kommt es anders, zweiten als man denkt oder in meinem Fall könnte man wohl sagen, zu sehr habe ich daran geglaubt, gehofft…zu lange habe ich an etwas fest gehalten, was es schon lange Zeit nicht mehr gab…das scheint wohl eine große Schwäche zu sein…
Nach diesen Erfahrungen wurde es nicht wirklich besser…das Gefühl verliebt zu sein oder verschwärmt zu sein gab es schon und doch hält man oder ich an etwas viel zu lange fest…an etwas was es nicht gibt…
Mit einem erneuten gefüllten Glas Wein kuschelte ich mich noch mehr in die Kissen auf meiner Couch und schaute zum Fernseher. Ich bemerkte die Gänsehaut auf meinen Armen, ich wusste ganz genau was jetzt folgen würde…die ersten Töne erklangen und mein Gesichtsausdruck wurde ernst…Cindy (Bonnie Bianco) begann zu singen…meine Augen füllten sich fast zeitgleich mit Tränen…
No Tears anymore --
Tränen liefen langsam über mein Gesicht. Ich starrte auf den Fernseher und hörte nur die Musik. Die Musik, dieses Lied, welches mein Herz traf…mehr als je zuvor.
Das Lied endete und doch liefen die Tränen bei mir weiter. Ich stellte mein Glas Wein auf den Tisch, schaltete den Fernseher aus und stand auf. Mit der rechten Hand fuhr ich mir durchs Haar, lief im Wohnzimmer hin und her, ging zum Fenster und öffnete dieses. Ich holte tief Luft und schaute hoch zum Himmel. Für einen kurzen Augenblick schien es so, als hörten die Tränen auf, doch im nächsten Atemzug füllten sich meine Augen erneut mit Tränen.
Ich weinte fast jedes Mal bei diesem Lied, es war eben ein Lied, welches mir nahe ging, doch heute…heute war es anders…heute hörten die Tränen nicht auf. Mein Herz fühlte sich schwer an, wie eine schwere Last, welche ich tragen musste, welche durch die Tränen nicht leichter wurde sondern um Tonnen schwerer. Ich ging wieder zurück zur Couch, wollte mich erst setzen, zog dann aber doch den Boden vor oder war es die Last, welche mich dazu brachte, an der Couchlehne runter zu sacken und mich auf den Boden zu setzen.
Meine Beine waren angewinkelt, den Kopf stützte ich darauf ab und die Tränen nahmen weiter ihren Lauf. Selbst wenn ich dachte, ich hätte keine Tränen mehr, wurde ich eines besseren belehrt. Es fühlte sich an, als würde jede Träne, welche ich in der letzten Zeit, in der vergangenen Zeit, verdrängt hatte, jede Träne, welche ich unterdrückt hatte, herunter geschluckt hatte, nun heraus wollen, ob ich es wollte oder nicht.
Tränen zu zeigen ist kein Zeichen der Schwäche, es ist die Stimme von Herz und Seele, wenn diese nicht mehr können…doch nicht alle Tränen zeigen wir…viel zu oft vergießen wir die Tränen nur innerlich…wo sie nicht sichtbar sind…nicht sichtbar…für niemanden. Viel zu spät, wenn es gar nicht mehr geht, fließen die Tränen unkontrollierbar…
Keine Ahnung wie lange ich hier schon auf dem Boden saß. Waren es Minuten? Waren es Stunden? Spielte es überhaupt eine Rolle?
Meine Augen brannten, in meinem Kopf schwirrten tausende Gedanken umher und mein Herz…mein Herz…ja es schlug, jeder Schlag fühlte sich schmerzhaft an…jeder Schlag tat weh…
Was ich fühlte, konnte ich in Worten nicht beschreiben! Welches Wort wäre dafür schon treffend gewesen?!
Ich hob meinen Kopf, welcher sich unglaublich schwer anfühlte. Ich wollte aufstehen, doch es fehlte mir die Kraft dazu. Machtlos, kraftlos stützte ich meinen Kopf erneut auf den Knien ab.
„Warum?“, kam es kaum hörbar aus meinem Mund.
Warum konnte der Schmerz nicht einfach wieder verschwinden? Warum heute? Warum ließ ich es zu? Warum konnte ich nicht einfach laut schreien und alles war wieder gut? Warum, verlor ich die Kontrolle…die Kontrolle über mich…??
Ich, eine Person, welche nicht aufgab! Eine Person, welche an vieles glaubte! An den Sinn des Lebens, an Träume…
Und jetzt??? Jetzt saß ich hier…hier auf dem Boden…übermannt von Schmerz, von Tränen. Ich saß hier auf dem Boden, wie ein Häufchen Elend. Gab ich mich auf??
`Geb ich mich auf??`, schallte es in meinem Kopf hin und her, immer und immer wieder.
„NEIN!“, schrie ich plötzlich schon fast und holte zugleich zwei, drei Mal tief Luft.
Überrascht über mich selbst, wiederholte ich das NEIN, als Bestätigung, als Stärkung für das Erste.
`Ich muss los lassen! Ich muss…`
Ich rutschte von der Couchlehne weg hinüber zum Couchtisch. Er war nicht sonderlich hoch, was mich zwar ab und an störte, aber jetzt war es mir gerade recht so. Unter dem Tisch hatte ich immer einen Schreibblock und einen Stift zu liegen, eine Angewohnheit. Beides holte ich hervor und legte es auf den Tisch.
Meine Kehle war trocken, auch wenn Alkohol sicher nicht die beste Variante war, griff ich hin zu meinem Glas Wein, welches auf dem Tisch stand und leerte es mit einem Mal. Ich atmete tief durch, füllte das Glas mit dem restlichen Wein aus der Flasche und trank auch dieses Glas mit einem Zug aus. Nein, auch wenn es den Anschein hatte, es war kein Versuch, den Schmerz wegzuspülen!
Ich stellte das leere Glas zurück auf den Tisch, schlug den Schreibblock auf und nahm den Stift zur Hand…
Ich schrieb auf was mir im Kopf umher schwirrte…schrieb auf was mir auf dem Herzen, auf der Seele lag. Ich schrieb…ließ mein Herz sprechen…
No tears anymore – Keine Tränen mehr
Schließe die Augen und höre auf dein Herz! Was sagt mir mein Herz? Mein Herz ist gezeichnet, geprägt von Enttäuschung, von Verletzbarkeit, von Dingen, welche mir den Glauben und die Hoffnung auf so vieles genommen haben. Den Glauben an die große, wahre Liebe. Den Glauben an Träume, welche in Erfüllung gehen. Den Glauben Menschen zu kennen, mit welchen man unendlich viel Zeit verbringt. Die Hoffnung auf eine andere Zeit.
Okay, vielleicht kann der Glaube und die Hoffnung niemals ganz genommen werden, aber sie können definitiv kleiner werden. Sie können überschüttet werden von Dingen, welche wir manchmal einfach nicht verstehen können. Sie können in eine Ecke weit und tief im Inneren verschwinden und dort verborgen bleiben.
Wenn du zu lange und zu fest an etwas, ja an die Liebe glaubst und sie dich dann enttäuscht…enttäuscht, weil…ja weil du die Augen zu fest geschlossen hattest, zu fest oder nur auf die eine Stimme deines Herzens gehört hast… die Realität nicht erkennen wolltest, sie nicht gesehen hast…ja dann sitzt man vielleicht hier da, so wie ich jetzt.
Mein Herz, was willst du mir mit den vielen Tränen sagen? Liegt es an mir? Bin ich schuld, dass du diese Schmerzen ertragen musst? Hab ich nicht genug Acht gegeben? Ich bin doch auch nur ein Mensch…ein Mensch der sich verliebt, ein Mensch der sein Glück genießen möchte…nicht allein…Ich bin doch auch nur ein Mensch, der fühlt, was er fühlt und sich dafür nicht entschuldigen möchte.
Ich weiß, ich habe die Realität oft aus den Augen verloren. Ich habe sie nicht gesehen, nicht so wie sie war. Ich habe mich an die Hoffnung festgehalten, ja, ich habe mich daran geklammert, ohne Rücksicht auf dich! Habe gesehen, was ich sehen wollte! Habe verstanden, was ich verstehen wollte! Aber habe ich auf dich gehört…habe ich dich verstanden, wirklich verstanden, was du mir sagen wolltest…wenn aus dem Pochen im Herzen, ein Stechen wurde…
Ich weiß, ich habe dir viel zugemutet in der vergangenen Zeit. Hätte ich dir Leid, Schmerz ersparen können? Ja, vielleicht!
Es liegt an uns Dinge zu erkennen, nur erkennen wir sie zu oft, zu spät. Wir sind geblendet, lassen uns leiten, fallen…
Zu spät erkennt man, dass eine Liebe gescheitert ist, wenn man sich nicht mehr wirklich was zu sagen hat. Man zusammen redet, aber das Miteinander unwichtig ist. Zu spät erkennt man, dass manchmal die Liebe allein nicht ausreicht, um das Glück perfekt zu machen. Zu spät erkennt man, dass man nicht die Chance auf die Liebe verpasst hat, sondern dass es nie eine gab.
Ja, ich hätte dir Leid, Schmerz ersparen können, wenn ich dir in dieser Zeit einmal richtig, wirklich zugehört hätte! Hätte ich dir wirklich zugehört, wenn mich Kleinigkeiten so sehr verletzen, dass es im Herzen schmerzt. Hätte ich dir wirklich zugehört, wenn mich Worte verletzen, mich zum Weinen bringen, mich enttäuschen. Ja, hätte ich dir da wirklich zugehört und es nicht einfach nur zur Kenntnis genommen, hin genommen und dann doch wieder ignoriert…hätte ich deine Sprache vielleicht verstanden und anders gehandelt…ich hätte vielleicht nicht bis heute gewartet…bis heute wo du nicht mehr kannst.
Ich kann den Schmerz nicht beschreiben, welche ich den letzten Stunden fühlte. Ich kann nicht jede Enttäuschung, jedes Wort, jedes Handeln aufschreiben, welches mich in der vergangenen Zeit verletzt hat…ich kann es nicht…aber jede Träne, jede einzelne Träne, welche ich heute vergoss, steht dafür…
Die „schönsten Worte“ sind nicht von Bedeutung, wenn keine Taten folgen!
Ich weiß, ich muss den Schmerz heraus lassen. Mein Herz darf mich nicht vor Schmerzen erdrücken!
Keine Ahnung, ob ich es durch die unzählbaren Tränen, durch die Worte , welche ich schreibe, es schaffe, den Schmerz aus mir heraus zulassen, aber eins weiß ich…es ist mein Herz…ich muss es schützen…ich muss darauf Acht geben…ich allein, muss auf jede Stimme meines Herzen hören…
No tears anymore – Keine Tränen mehr…
Ich schrieb die letzten Worte, legte meinen Stift beiseite. Nein, ich las mir nicht alles noch einmal durch, denn es waren die Worte, welche aus meinen Herzen stammten. Worte, welche ihre Bedeutung genau so hatten und nicht anders.
Ein Blick auf die Uhr verriet mir, dass es bereits früh am Morgen war. Ich hatte tatsächlich die ganze Nacht geweint und geschrieben…mein Inneres nach Außen hervorgebracht. Schlafen konnte und wollte ich jetzt nicht mehr.
Plötzlich stand ich auf, ging zum Flur. Ich nahm meine Jacke und zog mir meine Schuhe an. Ein kurzer Blick in den Flurspiegel ließ mich erschrecken. Ich sah müde und ziemlich verweint aus. Ja, die Nacht hatte ihre eigenen Spuren hinterlassen, aber im nächsten Augenblick war es mir egal. Bevor ich die Wohnung verließ, eilte ich ins Wohnzimmer zurück, nahm die zuvor geschriebenen Seiten und mein Handy und mit einem doch lauten Knall, fiel die Haustür in Schloss.
Es war noch ein wenig frisch draußen und so zog ich meine Jacke etwas höher zu. Ich ging die doch noch leeren Straßen entlang, bog hier und da nach links bzw. rechts ab, bis hin zu einem kleinen Waldweg. Ich atmete die frische Luft tief ein und genoss für einen kurzen Augenblick die angenehme Ruhe. Nicht das es auf den Straßen laut war, schon gar nicht um diese Zeit, aber dieser Ort hatte trotzdem etwas Einzigartiges, etwas Besonderes.
Früher, in meiner Kindheit, war ich oft hier. Ich liebte den kleinen Wald und noch mehr den kleinen See, welcher sich hinter dem Wald befand. Meine Eltern gingen früher mit mir hier gerne spazieren. Wir machten dann öfters ein kleines Picknick am See.
Es war ein schöner Ort und für mich heute genau der richtige Ort!
Ich ging den Waldweg entlang hin zum See. Okay mittlerweile war der See und alles was sich um ihn herum befand nicht mehr in dem schönen Zustand, wie ich ihn noch in Erinnerung hatte, aber es gab noch immer den kleinen Steg und dieser war zum Glück auch noch immer stabil. Natürlich überzeugte ich mich erst richtig davon, aber dann stand ich einfach da…auf dem Steg und schaute über den kleinen See.
Die Sonne, welche langsam zum Vorschein kam, hinterließ ein leichtes Glitzern, ein Funkeln über den See und ich fühlte mich unglaublich wohl. Kein ängstliches Gefühl allein zu sein, nein, im Gegenteil, es war genauso wie es sein sollte. Es war genauso richtig und wichtig, für mich. Es war mein Moment, meine Zeit, allein.
Ich setzte mich im Schneidersitz auf den Steg, holte mein Handy heraus und meine geschriebenen Seite, aus der Jacke. Die Seiten legte ich auf den Steg. Mit ein paar Stöckern, welche sich auf den Steg befanden, sorgte ich den Behalt der Seiten. Sie sollten nicht einfach wegfliegen, nein, so wollte ich das nicht.
Ich machte das Lied an, welches mich die letzten Stunden, nicht nur in meinem Kopf begleitet hatte.
No Tears anymore --
Ich schloss die Augen…das Lied lief einmal…zweimal…und setzte bereits zum dritten Mal an…
Hätte mich jemand gesehen, hätte er mich wohlmöglich für verrückt gehalten oder ähnliches. Was tut sie sich an? Quält sie sich selbst? Muss man das verstehen?
Aber ich bin wie ich bin! Für mich hatte das alles, ja jede Kleinigkeit davon, seine Bedeutung, seinen Wert!
Als das Lied zum dritten Mal ansetzte, öffnete ich die Augen und nahm die beiseite gelegten Seiten zur Hand. Meine Augen waren mit Tränen gefüllt und doch setzte ich mich auf die Knie und rutschte näher an den Rand des Steg´s , näher hin zum Wasser.
Die erste Seite glitt langsam aus meiner Hand, hinein ins Wasser. Für einen klitzekleinen Moment halte ich inne, dann nehme ich einen der Stöcker und drückte die Seite unter Wasser. Auch die zweite und letzte Seite ließ ich aus meiner Hand gleiten hinein ins Wasser. Ich sah zu, wie sich das Wasser und die Tinte langsam miteinander vermischten. Kaum ein Wort konnte man noch lesen. Ganz schwach waren die letzten Worte zu erkennen
No tears anymore – Keine Tränen mehr…
Ich atmete tief durch und drückte auch die letzte Seite tief hinunter ins Wasser.
Nachdem ich mich von den Knien erhob und aufgestanden war, wirbelte ich den Stock, welchen ich noch in meiner Hand hatte, hin und her. Ich merkte, dass meine Augen sich noch mehr mit Tränen gefüllt hatten und kämpfte innerlich dagegen an. Eine Träne verlässt mein Auge und bahnt sich ganz langsam ihren Weg über meine Wange.
Keine Tränen mehr…ich habe keine Tränen mehr…ich will keine Tränen mehr vergießen!!
Ich wische diese sofort weg und schaue auf den See, hebe meinen Arm und werfe den Stock ins Wasser.
Jedes Lächeln hat eine Bedeutung, jede Träne einen Grund…
Jede Träne ist ein Teil des Weges in eine neue Zeit.
Die erste Träne ist Fassungslosigkeit!
Die zweite Träne ist Trauer!
Die dritte Träne sind Fragen!
Die vierte Träne bedeutet zweifelnde Frage!
Die fünfte Träne ist Wut!
Die sechste Träne ist Gleichgültigkeit!
Und die siebte Träne ist ein versuchtes Lächeln,
ein Lächeln auf den Weg in eine andere Zeit,
in eine bessere Zeit!
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