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Meine Göttin! (Teil 12)

von regenbogenkeks


Zu Hause angekommen lässt meine Mutter nur einen merkwürdigen Blick rüberwachsen, denn Clara war in letzter Zeit nicht oft da. Eigentlich gar nicht. Und schon gar nicht unter der Woche.
Wir verkrümeln uns in mein Zimmer, als ich gerade eine SMS von Jessy bekomme: „hey süße, was los? Meld dich mal. Hdl jessy“
Na nu!, denke ich. „hdl“? Nix große Liebe? Vielleicht waren wir beide zu eifrig. Clara bemerkt natürlich meine ratlose Miene. Sie stellt sich genau vor mich hin und betrachtet mich nun grinsend. Ein fragender Blick meinerseits. Sie ihrerseits nimmt mir sanft das Handy aus der Hand, ohne auch nur einmal rauf zu schauen. Das Handy liegt nun auf dem Nachttisch und Clara liegt in meinen Armen.
Diese Konstellation bleibt auch noch die nächste Stunde so. Die danach auch. So Schlafen wir später ein, die Hausaufgaben völlig außer Acht gelassen, nein, nur das seelige Zusammensein zählt an diesem Abend. In dieser Nacht. Denn später, gegen ein Uhr, wachen wir fast gleichzeitig auf, vielleicht haben wir uns auch geweckt. Mein Zimmer ist versunken in Schwarz und es dauert einige Minuten, bis wir die Umrisse der Gegenstände und von uns selbst erkennen können. Vielleicht kann ich mich so selbst erkennen, denke ich in die Dunkelheit hinein. Ich küsse sie. War dies mein wahres Ich? Das, was ich wollte? Anscheinend schon.
Eigentlich bin ich kurz davor, mindestens zu dösen, aber Clara hält mich wach durch ihre Küsse. Auf einmal ist etwas anders. Ich ahne es, doch ich schiebe meine Gedanken diesmal zur Seite, was nicht oft passiert zur Zeit. Ich lasse mich treiben, liebevolle Hände fangen mich auf, lassen mich nicht fallen, betten mich ein in Wellen, die ich schon immer spüren wollte. Es ist das Richtige, sagt mir mein Bauch; mein Kopf ist schon zu müde, als ich dann viel später einschlafe.

Ein Sonnenstrahl aus dem Fenster, auf uns scheinend, ein Kuss von Clara und ein entsetzter Schrei und ein Türzuknallen meiner Mutter. Der Dienstagmorgen verläuft nicht besser als der des Montags.
In Boxershorts und T-Shirt, wie immer, stapfe ich in die Küche. Meine Mutter schickt ihren „Setzt-dich-hin-wir-müssen-red en“-Blick zu mir hin, eigentlich schießt er eher und trifft mich genau in meine Angstleiste.

Die Stunde der Wahrheit, denke ich, und muss kurz grinsen, weil ich SAT.1 mindestens genauso beschissen finde wie diese Situation. Clara habe ich gebeten, in meinem Zimmer zu bleiben, solange ich nicht wiederkomme. Wenn ich in zehn Minuten nicht wiederkomme, schick die nächste Patrouille, sagte ich. Meinen Humor lässt nichts kalt.
Meine Mutter schon. Ich setzte mich ihr gegenüber. Es folgt ein Monolog ihrerseits über Abnormalität, Heim, Undankbarkeit, bis sie schließlich da sitzt, ihr Gesicht in ihren Händen vergräbt und beginnt zu weinen.
Clara schien es nicht mehr auszuhalten, sie kommt in die Küche und sieht erschrocken zu meiner Mutter und dann zu mir. Ein Kopfnicken folgt. Ich glaube ihre Botschaft zu verstehen, hieve mich hoch und taste vorsichtig nach meiner Mutter. Unsicher schaue ich zu Clara, die wiederum mir einen zweiten Kopfnicker schickt. Meine Unsicherheit schwindet etwas und ich umarme meine Mutter - das habe ich schon lange nicht mehr getan. Traurig, aber verständnisvoll sieht sie mich an. Ich sage: „Komm, Mum, ist doch halb so schlimm, oder? Schau doch mal, es wäre doch total ätzend, zu jedem Fest noch zusätzlich Geld für deine Enkelkinder ausgeben zu müssen! Das Problem hast du jetzt gar nicht mehr...!“ Ich scheine die richtige Ader getroffen zu haben. Meine Mum lächelt mich schwach, aber erkenntlich an und schickt mich weg, ich solle pünktlich zur Schule kommen.

Hand in Hand gehen Clara und ich zur Schule. Einige gucken verdutzt, einige grinsen pervers. Das Lachen wird ihnen schon noch vergehen...

* * *


Etliche Jahre später

2 Uhr, Zeit für einen schönen Cappuccino, denke ich. Langsam raffe ich mich aus meinem geliebten Ohrensessel und gehe in die Küche. Im Flur komme ich, wie immer, vorbei an dem Spiegel, der über der Kommode hängt. Ab und zu bleibe ich dann einfach stehen und betrachte mich für ein paar Minuten im Spiegel. So wie heute. Diese Angewohnheit habe ich von Clara, „einfach nur um zu wissen, dass man noch da ist“, sagte sie immer zu mir. Heute sehe ich eine alte Frau, mit langen, grauen Haaren, die aber immer noch emotional jung geblieben ist. Mit meinem Gebräu beladen stapfe ich zurück ins Wohnzimmer und stoße mich - wie jedes verfluchtes Mal - an der Kommode im Flur. Sie steht immer noch zu weit zur Küchentür hin, denke ich. Ich stelle meine Tasse im Wohnzimmer ab und hantiere eine Weile an der Kommode rum, die sich keinen müden Zentimeter bewegen will. Was ist da eigentlich alles in den Fächern?
Nichts, nichts, und - im dritten und letzten Schubfach liegt ein altes, verstaubtes Buch. Mir stockt der Atem und augenblicklich kommen mir Tränen in die Augen - es ist mein altes Tagebuch. Wie ist es nur dahin gekommen?
Ich versinke in meinen Sessel und lasse blätternd den Cappuccino kalt werden. Lächelnd und weinend blättere ich in meiner Jungend - meine Jugend mit Clara. Es hört auf als wir zusammen gezogen sind. Da ist es wahrscheinlich in der Kommode gelandet... ich will es gerade zu klappen, da fällt ein herzförmiger Zettel heraus. „Jahre vergingen, bis wir uns liebten, bis dann doch die Engel siegten. Doch von allen Engeln auf diesen Planeten wird es keinen schöneren als deinerseits geben. In Liebe, Clara“

Regen plätschert auf meinen Mantel; leise tribbelt es auf das kleine, hölzerne Kästchen, was ich halb unter meinem Mantel halte. In meiner rechten Hand ein kleiner Spaten. Schnell bringen mich meine Füße durch den Matsch.
An meinem Ziel angekommen stelle ich das kleine Kästchen in augenweite ab und lasse fast nie meinen Blick davon ab, während ich in der nassen Erde neben einem grauen Stein ein Loch buddele. Gerade groß genug für das Kästchen. Als ich es fertig gegraben habe, das Kästchen verstaut ist, blicke ich noch einmal auf den grauen Klotz, bevor ich nach Hause schreite.
Leise tröpfelt es auf die eingravierten Lettern.

Geliebt und nie vergessen
Clara Jone
1986-2070



copyright © by regenbogenkeks. By publishing this on lesarion the author assures that this is her own work.



comments


wie?
weiter gehts nicht....schade!!!!!
is echt fantastisch geworden!!
rinaregenbogen - 02.08.2009 16:30
wow
ratte64 - 20.08.2004 00:38
huiuiui
Becci - 19.08.2004 01:29
Wow
Sehnsucht14 - 22.02.2004 12:43
ich muss...
EvilRain - 05.01.2004 23:56

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