Liebe via Internet

von watergirl


Angefangen hat alles mit der unverbindlichen Frage nach einem gemeinsamen Feierabendbier im Prenzlauer Berg. Beide waren wir an dem Punkt angelangt zu glauben, die Frau fürs Leben nicht mehr zu finden. Abgeschrieben war die große Liebe. Allein die Hoffnung auf ein nettes Gespräch hatte Bestand und mit der gingen wir beide in diesen Abend.
Es gab kein Erkennungszeichen, wie etwa eine Zeitung unter den linken Arm geklemmt. Wir prägten uns das winzige Foto der Profilseite ein und vertrauten darauf, dass wir uns schon finden würden. Und genau das taten wir an diesem Abend nicht.
Das heißt, die eine Seite schon. Sie war überrascht, eine Frau vorzufinden, mit der sie sich weit mehr als ein nettes Gespräch vorstellen konnte. So sehr, dass sie Angst bekam und drei zusätzliche Runden in ihrem schnittigen schwarzen Cabrio um den Block fuhr, bei denen sie unerkannt blieb. Sie legte sich eine Ausrede des fehlenden Parkplatzes für spätere Nachfragen zurecht und machte sich aus dem Staub.
Der zweite Versuch, etwa eine knappe Woche später, verlief erfolgreicher. Bei dem ersten und zweiten Drink beschnupperten wir uns, bekamen eine Stimme zu der bildlichen Vorlage und rutschen nervös auf unseren Stühlen hin und her. Das schnittige Cabrio brachte die zweite Hälfte nach Hause. Vor der Tür gab es ein knappes, förmliches „Na dann gute Nacht“. Das Interesse war geweckt, nur ließen wir das unser Gegenüber natürlich nicht spüren. Es gab ein zweites und ein drittes Treffen, beide Seiten immer noch zutiefst unterkühlt. Irgendwann in einem achtlosen Moment dann der erste Kuss, zudem wir uns auch schon am ersten Abend hätten hinreißen lassen, wären wir beide nur nicht so verdammt schüchtern gewesen.
Das Ganze ereignete sich vor etwa anderthalb Jahren. Aus dem netten Gespräch heraus entwickelte sich eine Beziehung, in der wir beide uns lieben, streiten und aneinander wachsen. Dass wir uns auf diesem Wege, über eine Internetplattform finden, hätte keine von uns beiden vermutet. Heute wohnen wir zusammen, im Prenzlauer Berg, wo alles begann. Die Unterkühltheit haben wir recht schnell abgelegt. Und ebenso schnell, ohne erhebliche Folgen, die Notlüge mit dem fehlenden Parkplatz ans Tageslicht gebracht.