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Juli

von Jojoko


Verena sitzt hinter der Sporthalle auf einer Treppe. Sie kann nicht sagen, dass sie sehr gerne in die Schule geht, doch trotzdem sind diese Sommerferien nur totgeschlagene Zeit. Aber es dauert ja nicht mehr lange. In nicht mal mehr einer Woche wird sie das nächste Schuljahr beginnen, die zwölfte Klasse.
Es ist sehr warm. Nur ein leichter Windzug streift sachte ihr braunes Haar. Hinter der Sporthalle ist das Freibad. Verena hört kleine Kinder lachen und ab und zu laufen ein paar Leute mit Flipflops, Strandtasche und bunten Badetüchern an ihr vorbei.
Sie seufzt. Wie lange sitzt sie wohl schon hier? Eigentlich wollte sie nur von zu Hause weg, egal wo hin. Und jetzt, jetzt sitzt sie hier.
„Warum gehst du nicht auch schwimmen?“
Sie öffnet die Augen. Neben ihr sitzt ein Mädchen mit kinnlangen, roten Wuschelhaaren und Sommersprossen.
„Ich habe meine Tage.“, sagt Verena kurz und knapp.
Eine Weile ist es still. Das Mädchen bleibt geduldig neben ihr sitzen. Irgendwann fragt sie: „Wie heißt du? Ich habe dich hier noch nie gesehen.“
„Verena… Ein scheußlicher Name.“
„Wieso? Ist doch nicht schlecht. Ich heiße Juli wie der Monat Juli.“
Wieder ist es eine Weile still.
„Was machst du hier? Warum sitzt du hier und langweilst dich? Die Ferien sind bald zu Ende. Sind deine Freund noch im Urlaub?“
„Weiß nicht, wo sie abhängen. Ich wollte nur von zu Hause weg. Meine Eltern engen mich viel zu sehr ein! Ich möchte mein eigenes Leben leben und unabhängig sein.“, antwortet Verena.
„Dann freust du dich bestimmt auf die Schule, oder? Wenn du sie fertig hast, bist du unabhängig und frei. Mit jedem Schultag kommst du deinem Ziel näher.“
Verena schmunzelt. Da könnte was dran sein. Aber freuen kann sie sich trotzdem nicht.
„ Aber dort sehe ich sie wieder.“
„Sie?“, zitiert Juli neugierig.
Verena blickt mit gesenktem Kopf zu Boden.
„Wir hätten so glücklich sein können, aber sie zieht mir, nach allem, was ich für sie getan habe, trotzdem einen Jungen vor.“, sie macht eine kleine Kunstpause, „Ich würde ihr die Welt zu Füßen legen, auf Wunsch noch mit einer roten Schleife drum. Mit ihr, Loreen, würde ich sogar springen. Hand in Hand, vom neunten Stock oder so.“
Verena sieht traurig aus. Juli greift nach ihrer Hand.
„Komm mit!“
„Wohin?“
Juli grinst.
„Komm einfach mit!“
Sie zieht Verena hoch und sie laufen schweigend in Richtung Innenstadt. Juli läuft entschlossen auf ein mehrstöckiges Wohnhaus zu. Mit dem Aufzug fahren sie Stockwerk für Stockwerk nach oben. Er hält mit einem kurzen Ruck. Die Türen öffnen sich gemächlich.
„Wir sind da.“, stellt Juli fest.
„Verena findet sich auf dem Dach des Hochhauses wieder. Der sanfte Wind spielt mit ihren Haaren.
„Was wollen wir hier?“
Anstatt zu antworten stellt sich Juli an das Geländer und blickt über die Schulter zu Verena, die zögernd auf sie zukommt.
„Ich würde mit dir springen!“, verkündet Juli entschlossen. Sie breitet die Arme aus und schließt die Augen.
„Schon als kleines Kind wollte ich so schöne, weiße Flügel wie die Tauben in meinem Märchenbuch von Aschenputtel.“
„Ich glaube, ich würde nie springen.“, meint Verena unsicher.
„Aber mit Loreen würdest du?“
„Nein… Ich glaube doch nicht… Das heißt, ich weiß nicht.“
„Doch komm!“
Juli lächelt ihr zu.
Sie steigt auf das Geländer.
„Na, los!“, fordert sie Verena erneut auf.
Diese wirft einen Blick hinunter, zögert, stellt sich dann aber doch zu Juli. Vorsichtig breiten sie die Arme aus, schließen die Augen und genießen den Augenblick. Nur ein paar Sekunden, dann lachen beide, setzen sich an die Kante und lassen die Beine baumeln.
Verena erzählt von Loreen und Juli hört interessiert zu. Sie berichtet von den Pfingstferien, in denen sie Loreen ihre Liebe gestand und nur kalte Blicke kassierte, aber auch von schönen Erinnerungen im Kunstraum der Schule. Dort riecht es nach Acrylfarbe und Loreen malte mit Verena an einem Panorama für die leere Wand gegenüber dem Lehrerzimmer.
Die Sonne gibt erste Anzeichen unter zu gehen.
Auf einmal hören sie die Sirene eines Polizeiwagens ganz in der Nähe. Kurze Zeit später können sie, an ihren runter hängenden Füßen vorbei, Polizisten ins Hochhaus eilen sehen.
„Was mag wohl unter uns passiert sein?“, fragt Verena. Ihre Stimme klingt beinahe gleichgültig.
Schweigsam sehen sie der Sonne zu, wie sie vom gelben in einen orangenen Farbton übergeht.
Die Beiden erschrecken, als plötzlich die Aufzugstüre am anderen Dachende aufgeht. Zwei Kommissare betreten das Flachdach. Vorsichtig fordern sie die beiden Mädchen auf zu ihnen zu kommen. Verena und Juli sehen sich gegenseitig fragend an. Was wollen die Beamten von ihnen? Als einer der beiden etwas von „Bitte nicht springen!“ faselt, brechen sie in lautes Gelächter aus. Nun blicken sich die grünen Männer fragend an. Juli schwingt sich zurück über das Geländer. Verena folgt ihr.
„Wir wollten uns eigentlich nicht vom Dach stürzen.“, beteuert Juli.„Wie alt seid ihr? Habt ihr einen Ausweis dabei?“
Verena sucht in ihrer Hosentasche nach ihrem Geldbeutel, klappt ihn auf, zieht den Personalausweis heraus und reicht ihn einem der Polizisten.
„Ich bin Juli Fuchs, fünfzehn Jahre alt. Einen Ausweis habe ich nicht bei mir.“
Während einer der beiden die Angaben von Verenas Ausweis notiert, hält der andere den Mädchen eine Moralpredigt von wegen wie gefährlich das sei und so weiter.
„Kann ich jetzt nach Hause?“
„Ja, aber die Kleine muss noch mit aufs Revier.“
Juli sieht an dem langen Lulatsch hoch.
„Warum muss ich noch mitkommen?“
„Weil du keinen Ausweis dabei hast. Du könntest uns ja alles möglich erzählen.“, antwortet er und gibt Verena den Ausweis zurück.
Gemeinsam gehen sie zum Aufzug zurück. Schweigend stehen die Vier in dem engen Raum und betrachten die roten Ziffern, die das jeweilige Stockwerk angeben, bis sie im Erdgeschoss ankommen und die Türe sich aufschiebt. Neugierige Blicke werden ihnen entgegen geschleudert. Verlegen schweigen die beiden Mädchen, bis sie am Streifenwagen angelangt sind.
„Sehen wir und wieder?“, fragt Verena zaghaft.
Juli lächelt ihr süßes Lächeln und die Sommersprossen auf ihrer Nase tanzen.
„Ich weiß ja, wo ich dich finden kann.“
Die Autotüren fallen zu.
Zeit schindend trödelt Verena nach Hause.
Ihre Mutter ist nicht da, hat einen Zettel an die Türe geklebt.

<i>Hallo, Verena!
Dein Essen steht in der Mikrowelle Du musst es nur warm machen. Ich komme gegen zwanzig Uhr zurück. Gruß! Deine Mutter</i>

Sie blickt auf die Uhr. Zwanzig Uhr war schon seit über einer Stunde. Gleichgültig zuckt sie mit den Schultern und geht in ihr Zimmer. Verena lässt sich aufs Bett fallen, starrt an die Holzdecke und genießt die Ruhe.
Ein Lächeln huscht über ihr Gesicht, als sie den Tag noch einmal überdenkt.

Am ersten Schultag regnet es. Ein trüber Nebel zieht durch die Stille in den Straßen. Verenas Wecker klingelt. Es ist sieben Uhr und die Sonnenstrahlen durchdringen die Nebelschwaden und lösen sie langsam auf. Sie ist noch müde, hat schlecht geschlafen. Ihre Gedanken führen sie zu Loreen. Heute wird Verena sie wieder sehen. Vor ihrem fröhlichen Blick hat sie jetzt schon Angst.
„Versteh´ mich nicht falsch, “, hallen Loreens Worte in ihr wieder, „ich mag dich sehr gerne und möchte deine Freundin bleiben, aber ich liebe Thilo.“
Mit mulmigem Gefühl verlässt sie das Badezimmer und gesellt sich zu ihren Eltern an den Frühstückstisch. Verenas Vater schaut wie jeden Morgen die Nachrichten. Sie gießt Milch auf ihre Cornflakes.
„… Gestern Abend passierte auf der A8 Richtung Stuttgart ein schwerer Verkehrsunfall. Dabei wurden ein vierzig jähriger Familienvater und seine fünfzehn jährige Tochter schwer verletzt.
Das Mädchen verstarb kurze Zeit später im Krankenhaus…“
Verena wendet den Blick zum Bildschirm. Sie sieht ein Foto des verunglückten Mädchens. Ihr Lächeln und ihre roten Haare und die Sommersprossen…
„Juli!“, steht es in dicken, Buchstaben in ihrem Kopf geschrieben.
Der Nachrichtensprecher wechselt das Thema und spricht weiter über Politik.
Es klingelt an der Türe. Kira, eine Mitschülerin und Nachbarin von Verena, holt diese zur Schule ab. Sie laufen der aufgehenden Sonne entgegen.
Kira quasselt gut gelaunt von irgendwelchen TV-Serien. Verena hört gar nicht zu. Alles in ihr ist leer. Auf einmal rinnt eine Träne über ihre Wange, blitzt auf im Morgenrot. Mit ihrem Ärmel wischt sie das salzige Nass fort.
„Was ist los, Verena?“
Kira bleibt stehen und blickt Verena besorgt an.
„Alles okay! Ich bin nur noch ein wenig müde.“
Sie packt Kira am Arm und zwingt sich selbst zu einem Lächeln.
„Lass uns weitergehen, sonst kommen wir noch zu spät!“



copyright © by Jojoko. By publishing this on lesarion the author assures that this is her own work.



comments


doch!!!!
lilasonnenstrah - 07.01.2006 23:28
gut gut ^^
ich glaub das geht garnicht weiter weil juli doch gestorben ist! ...oder?
peliCAN - 06.01.2006 08:13
gut gut ^^
peliCAN - 06.01.2006 08:12
bitte weiterschreiben
Gegenlicht - 05.01.2006 17:43
hey das geht gar nicht
lilasonnenstrah - 04.01.2006 13:26

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