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Frischer Wind (5)

von CosimaRakas


Kapitel 5


Alexandra wippte nervös mit ihrem Fuß. Als sie sich dabei ertappte, zwang sie sich stillzuhalten. Diese Stimmung war unerträglich. Die Besprechung ging bereits über eine Stunde und Vera hatte sie konsequent ignoriert. Jedes Mal, wenn sie sie direkt Ansprach wurde sie mit einer knappen Antwort abgespeist. Sie vermied jeden Augenkontakt und wenn sich ihre Blicke trotzdem trafen, löste ihr Blick eine Gänsehaut bei ihr aus. Vera hatte ihr sonst immer ein Lächeln geschenkt. Nun war ihr Blick absolut emotionslos. Sie versuchte dieses Gefühl, das in ihr aufkam abzuschütteln. Wer konnte das besser als sie? Die Besprechung zog sich unerträglich in die Länge. Kaum fiel das Schlusswort sprang Vera plötzlich auf. Sie schien es extrem eilig zu haben. Alexandras Körper bewegte sich praktisch von alleine. Sie folgte ihr, ohne darüber nachzudenken. Vor dem Aufzug hatte sie sie endlich eingeholt. Sie öffnete den Mund, doch sie wusste nicht was sie sagen sollte.
"Wenn noch etwas zu besprechen ist, müssen wir das leider auf später verschieben. Ich habe einen wichtigen Anschlusstermin." Alexandra schluckte. Veras Stimme klang verärgert. Alexandra blickte sie mit hochgezogenen Augenbrauen an. Sie überlegte kurz, ob sie Vera direkt darauf ansprechen sollte, doch entschied sich dagegen. Sie hatte Angst vor der Antwort. Stattdessen räusperte sie sich kurz. Ihre Stimmbänder fühlte sich spröde an.
"Das ist natürlich kein Problem. Ich muss nur auch nach unten." log sie mit brüchiger Stimme.
Die Türe des Aufzugs öffneten sich. Vera nickte ihr kurz zu und hastete hinein, ohne sie eines Blickes zu würdigen. Alexandra ließ sie nicht ein einziges Mal aus den Augen. Sie registrierte jedes Muskelzucken, jede Anspannung, jede Veränderung in ihrer Mimik und Gestik.
"Ich hoffe, du hattest noch viel Spaß auf der Kirmes?" Sie musste herausfinden, warum Veras Verhalten sich ihr gegenüber so drastisch verändert hatte. Sie betete, dass sich ihre Ahnung nicht bewahrheitete. Veras Gesichtszüge entglittet ihr für den Bruchteil einer Sekunde. Alexandras Magengrube verkrampfte sich. Veras Augen hatten sich kurz vor Überraschung geweitet. Sie wirkte fast schockiert. Blitzschnell wechselte ihr Ausdruck von Wut, wieder zu der ausdruckslosen Maske, die sie schon den ganzen Tag trug.
"Ich war etwas müde und bin früh gegangen. Meine Freundin hatte mich gebeten mitzukommen. Für mich ist das nichts.", antwortete sie
 Alexandra hatte den Drang sofort den Aufzug zu stoppen. Koste was es wolle. Sie zwang sich tief einzuatmen und ruhig zu bleiben. Mit einem letzten Test wollte sie sich vergewissern. Sie unterdrückte ihren Fluchtinstinkt. Riss sich zusammen. Sie hob ihre Hände und verkürzte mit einem Schritt die Distanz zwischen ihnen.
"Ist alles in Ordnung? Du wirkst etwas angespannt?" Sie schaffte es, dass ihre Stimme belanglos klang. Vera wich unmerklich zurück. Ihre Mundwinkel zogen sich nach unten. Sie blinzelte kurz und wechselte dann zu einem aufgesetzten Lächeln.
"Mir geht es gut.. Es kann sein, dass ich etwas überarbeitet bin.", antwortete sie ausweichend.
Der Aufzug rettete sie beide. Sobald die Stahltüren auseinander glitten flüchteten sie aus der unangenehmen Situation. Alexandra floh zu ihrem Auto, dass nur ein paar Meter entfernt stand. Mit zitternden Händen tastete sie nach ihrem Schlüssel. Dann fiel ihr ein, dass dieser sich in ihrer Handtasche befand und diese lag noch in ihrem Büro. Ihre Hand ballte sich zu einer Faust. Sie biss sich auf die Unterlippe. Veras Gesichtsausdruck hatte sich in ihre Netzhaut gebrannt. In dem Moment, als sie diesen kleinen Schritt auf sie zuging, war eindeutig. Abscheu.

"Bist du dir sicher?" Alexandras Freund riss ungläubig die Augen auf. Alexandra funkelte ihn an.
"Natürlich bin ich mir sicher! Du kennst mich." Alexandra hatte nach der Arbeit sofort zum Telefon gegriffen, um Dampf abzulassen. Ihr Freund Mike war der einzige, mit dem sie sich so offen unterhalten konnte. Es fiel ihr schwer Freunden ihre verletzliche Seite zu zeigen. Mike kannte sie nun schon so lange und er hatte jedes Tief in ihrem Leben miterlebt und ihr Halt gegeben.
"Vielleicht deutest du ihre Signale falsch.", versuchte er sie umzustimmen. Alexandra schüttelte energisch den Kopf.
"Das war Abscheu!" sie betonte jedes Wort, um ihnen Nachdruck zu verleihen. In Mikes Augen spiegelte sich ihre Gefühlswelt. Trauer, Bedauern, Zweifel. Sie wand den Blick von ihm.
"Bei der Erinnerung an den Tag auf der Kirmes, hätte sie mich am liebsten weggestoßen. Ich hab es in ihrem Gesicht gesehen." Tränen stiegen ihr in die Augen. Ihr Kiefer spannte sich, sie biss die Zähne aufeinander.
"Ich habe sie doch auch an dem Tag gesehen. Glaub mir, du musst dich irren. So wie sie dich da angeschaut hat, war eindeutig. Sie hat sich eindeutig zu dir hingezogen gefühlt.", sagte mit weicher Stimme.
Sie wusste, dass er die Wahrheit sagte. Doch was sie heute gesehen hatte, war leider auch wahr.
"Ich hab es auch gesehen.", gestand sie ihm. "Aber warum dann diese Distanz heute? Die Abneigung, gegen mich?", sie schaute ihn flehend an. Sie wünschte sich eine bessere Antwort von Mike. Doch aus seinem offenen Mund kam nichts heraus.
"Die Fakten sind doch klar.", sie hörte selbst, die Verzweiflung, die in ihrer STimme mitschwang.
"Am Wochenende noch war da Zuneigung. Dann bin ich ihr zu nahe gekommen. Viel zu nah. Nehmen wir an, dass es auf der Kirmes geknistert hat.", sie schaute ihm mit festen Blick in die Augen.
"Die erste Hypothese ist, dass sie mich tatsächlich mag. Jetzt ist da Abscheu. Entweder richtet sich diese gegen mich, oder gegen sie selber." Sie konnte Mike ansehen, dass er genau verstand was ich meinte.
"Du glaubst, dass sie dich jetzt hasst, weil sie auf dich steht und es nicht wahr haben will?"
Alexandra nickte.
"Es spielt auch keine Rolle, worauf sich ihre Abneigung tatsächlich bezieht. Das sind nur Spekulationen. Fest steht jedoch, dass sie mich jetzt hasst." Mike hob abwehrend die Hände und protestierte:" Das ist vorschnell. Du weißt nicht, ob sie dich hasst. Sie meidet dich nur." Alexandra funkelte ihn an.
"Was macht das für einen unterschied?" Ihre Stimme überschlug sich. Sie biss sich auf die Unterlippe, um zu verbergen, dass sie zitterte.
"Vielleicht braucht sie nur Zeit, um damit umzugehen." Sie wollte etwas entgegnen. Wollte protestieren. Dann ließ sie resigniert die Schultern fallen und schüttelte den Kopf.
"Es ist doch egal. Realistisch betrachtet wird sie mit aller Zeit der Welt nicht damit zurecht kommen. Du weißt selber aus Erfahrung, dass Menschen sich nicht gerne ändern." Sie wünschte sich so sehr, dass sie unrecht hatte. Mike stand auf und setzte sich neben ihr auf die Couch. Als sie ihn angerufen hatte, war er sofort zu ihr gekommen. Sie musste kein Wort sagen. Ihn nicht darum bitten. Er nahm sie tröstend in den Arm.
"Du zerdenkst immer alles. Jede Kleinigkeit wird von dir bis ins Detail analysiert. Und doch machst du immer denselben Fehler." er machte eine kurze Pause und legte den Kopf schief.
"Du schließt von gestern auf heute. Nur weil sie sich damals gegen dich entschieden hat, heißt dass Vera das auch tut. Du solltest Vera noch nicht aufgeben."
"Du verlangst zu viel."
Alexandra wusste selber, dass sie ungerecht war. Immer wenn dieses heikle Thema auf dem Tisch lag, trübte das ihr Urteilsvermögen. Doch nur weil sie wusste, dass sie vorschnell urteilte, hieß dass nicht, dass sie darüber stehen konnte. Für sie war es auch schwer sich zu verändern und die Vergangenheit hinter sich zu lassen.



copyright © by CosimaRakas. By publishing this on lesarion the author assures that this is her own work.



comments


Bin gespannt wie es weiter geht
Wie immer toll geschrieben, bitte mehr davon!

LG!
FunkyBahia - 05.10.2020 21:22
Hallo
ChillQueen - 30.09.2020 20:42

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