Die optimistische Schützin (3)

von hexalon


Doch ganz wie Profis wiederholte ihre Band einfach die letzen 4 Takte noch mal und diesmal fand Iris den Einsatz. Bei diesem Song fing ich an dahin zu schmelzen, es war „Durch die Nacht“ von Silbermond. Ich hatte das Gefühl, als würde sie nur für mich singen und ich wäre ganz allein im Raum nur sie und ich, einfach nur wir beide. Sie war einfach wundervoll anzusehen, ich konnte einfach meinen Blick nicht von ihr abwenden. Sie trug eine enge ausgewaschene blaue Jeans, dazu ein enges bauchfreies dunkles Ledertop. Ihre dunkelblonden Haare hatte sie nach hinten gekämmt und sie trug ein sehr markantes Make-up, das besonders ihre Augen betonte, genau richtig für einen Bühnenauftritt, wie ich fand.
Je länger ich ihr zusah, umso mehr verfiel ich in eine Art Trance … ich hatte das Gefühl als würde ich schweben und bei dem was sie sang, versetzte es mir innerlich immer wieder einen Schlag …
„ … und ich kämpf mich durch die Nacht, keine Ahnung was du mit mir machst, ich krieg dich nich aus meinem Kopf und dabei muss ich doch …. „
Sie hatte einfach eine unglaubliche Stimme und ich bekam immer mehr das Gefühl als würde sie zu mir sprechen, denn eigentlich sang sie genau darüber, wie ich mich fühlte.
Das Lied war zu Ende, alle begannen begeistert zu klatschen und zu pfeifen und ich registrierte wieder, dass ich nicht allein war. Sie würden eine halbe Stunde Pause machen ertönte es aus einem Lautsprecher und Musik von einer CD begann zu spielen.
„Los, gehen wir zur Bar was trinken“ sagte Babsi und zog mich dabei schon Richtung Theke. Ich wurde sehr nervös, weil sich in meinem Kopf alles zu drehen begann und viele Eindrücke erst nachträglich zu wirken begannen. Sie weiß jetzt, dass ich auch hier bin, wird sie zu mir kommen, ist sie vielleicht wieder mit ihrer Ex zusammen, ist es ihr überhaupt recht, dass ich hier bin? Ich sah ziemlich verzweifelt aus und Babsi meinte dann „Hey, hast du gesehen, wie sie dich beim letzen Song die ganze Zeit angesehen hat? Du bist ja ein wahrer Glückspilz“ dabei stieß sie mir ein wenig in die Rippen und lachte dabei. „Ehrlich gesagt, mach ich mir gleich in die Hosen, was wenn sie … ach ich weiß nicht, ich glaub es war eine blöde Idee hierher zu kommen, was will ich eigentlich hier, wer weiß, ob sie mich überhaupt hier haben will“ ich nahm einen großen Schluck von der vorher bestellten Pina Colada.
„Wartest du hier, ich komm gleich wieder, muss mal auf Toilette“ sagte Babsi und ging dann Richtung Ausgang, wo sich scheinbar die Toiletten befanden. Ich begann natürlich krampfhaft in der Gegend herum zu suchen in der Hoffnung, dass ich Iris finden würde. Aber vergebens ich konnte sie nicht finden, obwohl ich in alle Richtungen schaute, sie war sicher irgendwo in einem separaten Raum, um sich eine ruhige Pause zu gönnen.
„Suchst du jemand bestimmtes“ erklang es plötzlich hinter mir. Ich erstarrte in der Bewegung, diese Stimme kenne ich doch, dachte ich mir und dann drehte ich mich um, ja es war Iris, sie hatte MICH gefunden. Ich war ziemlich perplex und brachte zuerst kein Wort heraus, deshalb fuhr Iris fort und sagte „Also mit dir hätte ich hier heute überhaupt nicht gerechnet“. Irgendwie hörte sich das für mich nicht sehr positiv an und ich antwortete deshalb „Dann wäre es dir lieber, wenn ich wieder gehe?“ „Nein, das hab ich doch nicht gesagt, ich war nur sehr überrascht, als ich dich dann unter den Zuschauern entdeckt hab“ dabei lächelte sie und erinnerte sich wahrscheinlich an ihren verpatzen Einsatz. Ich wusste nicht so recht was ich sagen sollte und schwieg deshalb etwas betreten, sah sie aber immer wieder an, um dann verlegen wegzusehen, wenn sie mich anlächelte.
„Und wie fandest du den Auftritt bis jetzt?“ fragte Iris um das Schweigen zu brechen.
„Du warst einfach wundervoll … ehm … ich meine, ihr seit einfach toll … die Band mein ich“ sie machte mich zusehends nervöser und ich brachte keine vollständigen Sätze mehr heraus. Aber sie lächelte, sie hatte ein so charmantes Lächeln. Wieso schaffte sie es, das sie mich so derartig aus dem Konzept bringen konnte, sie verwirrte mich immer mehr.
„Es freut mich, dass es dir gefällt“ verschmitzt lächelte Iris dabei „und es freut mich auch, dass du hier bist, ganz ehrlich“ ihr Gesichtsausdruck wurde dabei ernster und sie wirkte auf mich auch ein wenig erleichtert. „Wartest du auf mich nach dem Gig?“ fragte Iris dann und wartete etwas verunsichert auf meine Antwort. „… ehm … ja klar …“ ich hätte ihr eh nicht widersprechen können. Iris Gesicht hellte sich dabei wieder auf und sie lächelte.
„Hier steckst du, los komm, ihr müsst wieder auf die Bühne!“ Sandra, Iris Ex kam und zog Iris etwas unsanft am Oberarm davon und warf mir dabei einen Blick zu, der mir ziemliche Angst machte, so nach dem Motto – wenn Blicke töten könnten. Oh Gott dachte ich nur, was macht die denn hier, das darf doch nicht wahr sein, sie werden doch nicht …, aber wieso wollte Iris dann, dass ich auf sie warte, will sie mir vielleicht sagen, dass sie wieder mit Sandra zusammen ist. Mir wurde übel bei dem Gedanken, in meinem Bauch zog sich alles zusammen. Dann kam endlich Babsi wieder, sie hatte nichts mitbekommen, ich ließ es auch dabei und sagte ihr auch nichts davon. Die Band begann wieder zu spielen und sie brachten sehr viel Stimmung auf. Das Publikum klatschte und sang mit und alle hatten großen Spaß, nur ich saß fast unbeteiligt auf einem Barhocker und grübelte. Babsi hatte es aufgegeben mich zu motivieren und stand allein weiter vorne bei der Bühne. Ich war schon kurz davor einfach ab zu hauen, ich hatte solche Angst davor, wenn sie jetzt kommt und sagt, dass sie wieder mit ihrer Ex zusammen ist, das überleb ich nicht. Während meiner ganzen Überlegungen rief ich mich dann plötzlich selbst zur Ordnung. Was ist nur los mit dir, wieso schafft es eine Frau dich so aus der Fassung zu bringen, du hast doch sonst auch nichts mit Frauen am Hut, du willst das doch gar nicht, also rede mit ihr und mach ihr klar, dass es ein Versehen war und du sie nicht küssen wolltest und dass du ihr alles Gute wünscht. Genau, so werde ich es machen, dachte ich bei mir, bestellte mir an der Bar noch einen Erdbeershot um etwas Mut anzutrinken und wartete darauf, dass der Auftritt vorbei ist.

Der Auftritt war zu Ende. Nach ein paar Zugaben ging die Band dann von der Bühne. Mich überkam ein komisches Gefühl. Mein Bauch fühlte sich komisch an und ich wurde wieder sehr nervös. Zuerst kam Babsi „Ist alles in Ordnung, wieso hast du dich hier hinten versteckt?“ etwas besorgt legte sie eine Hand auf meine Schulter. „Sie will mich hier nach dem Auftritt treffen“ entgegnete ich ihr unbeteiligt und starrte dabei auf mein leeres Glas. „Aber, wann … ich meine, wann hast du mit ihr geredet“ Babsi schien sichtlich verwundert. „Ich hab sie in der Pause getroffen …“ klärte ich sie auf und sah sie dabei etwas verzweifelt an. „Oh, dann werde ich wohl besser das Feld räumen“ dabei grinste Babsi ein wenig und meinte dann „Ruf mich unbedingt nachher an und erzähl mir alles, ok?“ Ich nickte nur und daraufhin verschwand Babsi.
Ich saß noch eine Weile allein wartend herum, als ich dann Iris in der Menge entdeckte. Sie versuchte in meine Richtung zu kommen, wurde aber immer wieder von Leuten aufgehalten, die sich mit ihr über ihren Auftritt oder was auch immer unterhalten wollten. Jedes mal warf sie mir einen entschuldigenden Blick zu, ich verstand, dass sie die Leute nicht einfach ignorieren konnte. Dann schaffte sie es endlich und stand dann vor mir. „Ich dachte schon du wärst weg, weil ich dich nach der Pause nicht mehr im Publikum gesehen hab“ sagte sie etwas vorwurfsvoll. „Aber schön, dass du doch gewartet hast“ dabei setzte sich Iris auf den Barhocker neben mir. „Mario, gibst du mir ein Mineralwasser“ rief sie dem Barmann zu und drehte sich dann wieder in meine Richtung.
„Bist du wieder mit deiner Ex zusammen?“ schoss es plötzlich aus mir heraus, ich hielt die Ungewissheit einfach nicht länger aus. „Hättest du denn etwas dagegen einzuwenden, wenn es so wäre?“ antwortete sie mir und sah mich dabei genau an. „Das beantwortet meine Frage nicht“ entgegnete ich ihr etwas ungeduldig. „Bist du oder bist du nicht?“ nervös rutschte ich auf dem Barhocker hin und her. Ich schaffte es nicht mehr sie anzusehen, ich kam mir vor wie ein Schaf auf dem Weg zu Schlachtbank, in mir drehte sich alles und ich hoffte auf die erlösende Antwort.
„Nein, bin ich nicht … wir haben gestern endgültig Schluss gemacht“ dabei legte sie ihre Hand auf meine, um mich so zu zwingen sie anzusehen. Ich hob meinen Kopf und sah sie an. Ich sah ihr direkt in ihre schönen grünen Augen, die mich wiederum tief ansahen und wir verloren uns kurze Zeit in den Augen der anderen.
„Aber wieso gerade gestern?“ war das erste, dass ich wieder hervorbrachte. Iris seufzte und beugte sich etwas zu mir, dann sagte sie „Los komm, lass uns irgendwo hingegen wo wir in Ruhe reden können“. Wir standen beide fast gleichzeitig auf und ich ließ mein halbvolles Glas einfach stehen. Wir verließen das Lokal und gingen gegenüber in eine kleine Bar. Mein Herz klopfte wie verrückt und als Iris dann auch noch meine Hand nahm, war ich fast einer Ohnmacht nahe. In der Bar setzten wir uns ganz versteckt in eine Ecke, Iris quetschte sich dann zu mir auf die Eckbank, obwohl gegenüber mehr Platz gewesen wäre.
„Also …?“ fragend sah ich Iris an. Sie nahm daraufhin meine Hände in ihre und sah mich dabei an, sie wusste nicht so recht wie sie anfangen sollte, was sie sagen sollte, deshalb entschied sie sich dafür Taten sprechen zu lassen und kam mit ihrem Gesicht immer näher, dabei schaute sie abwechselnd in meine Augen und auf meine Lippen. Sie kam immer näher und näher, dann legte sie eine Hand auf mein Gesicht und streichelte es ganz sanft. Mir blieb dabei fast das Herz stehen und ich begann zu zittern, ich wünschte mir in diesem Moment nichts mehr als von ihr geküsst zu werden.