von Schnuffel851
Von einem total gestressten Arbeitstag und dem anschließenden schweißtreibenden Mordstraining im Fitnessstudio kam ich nach Hause. Ich steckte den Schlüssel ins Schloss und öffnete die Tür. Die Türe noch nicht ganz auf, kam mir mein Kater Teddy entgegen, der seine Streicheleinheiten einforderte. Ich schmiss meine Jacke, die soeben noch die Blume auf der Empore verfehlte, in die Ecke und ließ mich in den Sessel fallen. Miau…, miau…, miiiiiiauuu. Ich klopfte mit der Hand auf meine Oberschenkel und Teddy sprang auf meinen Schoß. Ich kraulte ihn langsam und innig. Er genoss sie sichtlich. Das schnurren war mit Sicherheit bis in den nächsten Ort zu hören. Nun saß ich da, mit meinem schnurrenden Kater auf dem Schoß und überlegte was ich mit dem angefangenen Abend noch anstellen könnte. In Gedanken vertieft, griff ich nach der Fernbedienung des Fernsehers und schaltete ihn ein. Ich seppte von dem einen Kanal zu dem anderen, nichts von alle dem gefiel mir. Die Müdigkeit packte mich, als ich plötzlich und unerwartet eine wunderbare Liebesszene erblickte. Sie zog meine Blicke und meine Gedanken ganz in ihren Bann. Es kam ein unbeschreiblich schönes Gefühl in mir auf, welches mir eine Gänsehaut verschaffte. Wie oft habe ich mir gewünscht selbst solch eine Liebesszene erleben zu dürfen. Ich schmolz dahin und merkte nicht, wie die Zeit verstrich. Schon wieder kurz vor elf, so ein Mist! Ich wollte nur mal eben meine Mails durchgehen und dann ins Bett verschwinden. Ich schaltete also den PC ein, setze mich vor den Monitor und las die empfangenen Nachrichten ohne sie jedoch wirklich wahrzunehmen. Die Liebesszene ging mir nicht mehr aus dem Kopf. Sie war so wunderschön, so zärtlich, so innig, so … ach ich fand für all das Gefühlte keine Worte. Wie sehr sehnte ich mich nach Liebe und Zärtlichkeit, was nach 8 Jahren der absoluten Abstinenz nicht weiter verwunderlich war. Es fiel mir sehr schwer einen kühlen Kopf zu bewahren aber es gelang mir dennoch.
Am nächsten Tag, ich musste noch einige Erledigungen machen, ging alles schief, was nur schief gehen konnte. Mein Auto sprang nicht an, der Termin bei der Bank, welchen ich wegen eines Kreditantrages für mein Schreibbüro gemacht hatte, platzt und meine Geldbörse mit allen Bankkarten, der Krankenversichertenkarte und 300,00 € in bar wurde mir auch noch entwendet. Es war ein rabenschwarzer Tag! Kein Wunder also, dass ich froh war endlich wieder in den eigenen vier Wänden verweilen zu können. Dort fühlte ich mich sicher.
Als ich mich dann so einigermaßen von den Strapazen des Tages erholt hatte, setzte ich mich zur Erholung an den PC und chattete mit einer Freundin. Wir quatschten über viele belanglose Dinge unter anderem auch darüber, dass sie neuerdings in einem Chat namens Lycos verkehrte und sie dort einige nette Leute kennen gelernt hatte. Sie empfahl mir den Chatraum schon fast schwärmerisch. Zu verlieren hatte ich ja nichts. Nach dem heutigen Tag würde mich sicherlich nichts mehr schocken und neugierig war ich ja auch. Warum also nicht!? So machte ich mich auf in die virtuelle Welt der Kontaktbörse. Ich lernte viele interessante Menschen kennen. Menschen mit den unterschiedlichsten Formen des Fetischs. Was für viele an der Grenze der Abnorm stand war für andere wieder völlig normal. Ich aber, von Natur aus ein sehr toleranter und neugieriger Mensch, habe mein Wissen in diesen Stunden um ein vielfaches erweitern können.
Lycos bot viele Chaträume an und als Neuling muss man sich erst mal mit allem vertraut machen. Der erste Raum den ich besuchte hieß „SmartTalk“. Ich begrüßte alle User sehr freundlich und bekam auch recht schnell private Nachrichten. Der eine fragte dann ob ich hohe Schuhe tragen würde, der andere ob ich Strumpfhosen tragen würde und wieder ein anderer fragte ob ich Lackwäsche tragen würde. Ohhh je, wo war ich denn hier gelandet? Total überfordert mit der Situation verließ ich fluchtartig den Raum und tauchte in den Raum „Unter Frauen“ ein. Ach dachte ich, so ein Gespräch unter Frauen ist immer interessant und abwechslungsreich und würde mir den Abend mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlich versüßen. Ich warf also ein unverbindliches HALLO in den Raum. Auch hier musste ich nicht lange auf die ersten privaten Nachrichten warten. Ich führte mit vielen Frauen ein paar wirklich nette Unterhaltungen und dachte mir nichts dabei wenn mir die ein oder andere Frau ein Kompliment machte. Doch bald kam die Ernüchterung und mir wurde klar, dass ich in einem Lesbenchat gelandet war. Ich, als hetero orientierte Frau, so muss ich ehrlich zugeben, hatte jetzt ein wirkliches Problem. Wie gehe ich denn nun mit solchen Frauen um. Wenn ich die Komplimente erwidere, mache ich ihnen dann falsche Hoffnungen? Ich wollte mich aber doch nur unterhalten und keine Beziehung mit einer Frau! Ich überlegte Lycos aus meinem Gedächtnis und auch aus meinen Favoriten zu löschen. Mittlerweile hatte ich jedoch viele dieser Frauen wirklich lieb gewonnen und dass sie lesbisch waren änderte doch nichts an ihrem Wesen. Außerdem, und das erschrak mich sehr, gefiel es mir von einer Frau chauffiert zu werden und mich reizte der Gedanke einer Frau näher zu kommen.
Ich fing an, an meinen Gefühlen zu zweifeln. Kann es denn nach einer 8jährigen Beziehung mit einem Mann wirklich sein das ich die Liebe zur Frau entdeckte? Nein, dass kann mit 31 Jahren doch nicht mehr passieren! Der Selbstfindungsprozess ist doch schon längst abgeschlossen. Ich versuchte mir einzureden, dass mein Interesse an Frauen nur rein freundschaftlicher Natur sein kann, merkte aber schnell, dass ich mich selbst betrog. Mir fiel auf, dass ich schon in meiner Heterobeziehung den Frauen nachsah, genauso wie er es tat. Wobei dieser Blick und auch meine Gedanken keinesfalls sexistischer Natur waren. Eher verursachte es in mir den wow-Effekt. Ich war von Haus aus sehr offen erzogen und fand nichts verwerfliches daran einem schönen Menschen, egal ob Frau oder Mann, nachzusehen und sprach die Attraktivität des Menschen auch direkt an. Jede von uns weiß, wie schön es ist, einen schönen ästhetischen Menschen kennen zulernen und davon gab es im Netz wirklich genug. So auch Maxim, die unter dem Nick „SucheLiebefürsganzeLeben“ unterwegs war. Mich sprach dieser Nick sofort an, da ich grundsätzlich ein Freund von ehrlichen und festen Beziehung war. Ich mochte diese One-Night-Stands oder diese offenen Beziehungen nicht. Ich nahm mir allen Mut zusammen und sprach sie an. Wir schrieben stundenlang miteinander. Wir konnten zu vielen Dingen die gleiche Einstellung teilen und verstanden uns einfach prima. Sie war nicht nur äußerlich ein äußerst hübscher Mensch, sie hatte auch ein wundervolles Wesen.
Am darauf folgenden Tag klingelte schon sehr früh das Telefon. Ich nahm den Hörer ab und nannte meinen Nachnamen. Es war meine Schwester. Sie erklärte mir, dass sie doch den Urlaub nach Tunesien gebucht habe aber nicht fliegen könne, da sie beruflich verhindert sei. Sie bräuchte nun jemanden der für sie einspringt. Mir kam das gerade recht. Ich hatte Urlaub und wusste mit meiner freien Zeit momentan, außer zu surfen, sowieso nichts weiter anzufangen. Also entschloss ich mich, die Reise kurzerhand anzunehmen.
Es sollte heute Nachmittag schon losgehen. Ich schmiss mich unter die Dusche, packte in Windeseile meinen Koffer, brachte Teddy zu meiner Schwester und machte mich auf den Weg zum Flughafen. Ich war mächtig aufgeregt, schließlich war es mein erster Flug. Ich checkte ein und dann ging alles rasend schnell. In der Wartezone lernte ich noch eine wirklich nette junge Frau kennen, die ich aber ganz schnell wieder aus den Augen verlor, da der Aufruf zum Einstieg erfolgt. Auf meinem Sitzplatz, es war ein Fensterplatz, angekommen kam ich endlich zur Ruhe.
Der start der Maschine war wirklich grausam. Ich hatte das Gefühl meine Eingeweide wollten mir mal kurz Hallo sagen und meine Ohren vermittelten mir dieses schreckliche Schwerhörigkeitsgefühl. Aber dank der guten vorherigen Start-Anleitung meiner Schwester konnte ich diese unangenehmen Dinge gut überstehen. Um mir die Flugzeit, die ja immerhin 2,5 Stunden betrug, zu verkürzen griff ich zu einer Zeitschrift, die mir die Stewardess reichte. Hierbei handelt es sich wohl um einen Service der Fluggesellschaft. Mit der Zeitschrift in der Hand saß ich nun auf meinem Platz und ertappte mich bei dem Gedanken wie schön es doch gewesen wäre, würde Maxim jetzt neben mir sitzen und würden wir doch gemeinsam diese schöne Reise genießen können. Ein Gedankenblitz durchdringt meinen Körper. MAXIM!!! Wir waren doch heute Abend wieder in der virtuellen Welt verabredet.
In Tunesien angekommen, wurde ich mit einem Bus in mein Hotel verfrachtet. Es war ein sehr schönes Hotel. Es verfügte über einen arabischen Baustil. An der Rezeption vorbei in Richtung Hinterhof gelangte man an einen wunderschönen Swimmingpool, der bei Dunkelheit beleuchtet war. Weiter rechts befand sich eine Bar in orientalischem Stil und wieder weiter rechts befand sich ein Aufenthaltsraum, der auch sehr schön zurecht gemacht war und in dem gerade ein Bingoabend stattfand. Ich kam mir mit meiner langen Hose und meiner warmen Strickjacke etwas fehl am Platze vor und machte mich auf in mein Zimmer. Auch die Ausstattung des Zimmers ließ keine Wünsche offen. Ich packte also den Koffer aus, zog mir ein paar luftigere Klamotten über und machte mich auf den Weg um ein Internetcafé zu suchen. Noch eine halbe Stunde bis zu unserer Verabredung. Viel Zeit hatte ich also nicht mehr. Kurzerhand fragte ich an der Rezeption nach. Die Frau empfahl mir, da der hausinterne Anschluss momentan kaputt sei, im Hotel gegenüber nachzufragen. Ich hatte Glück es funktioniert.
Im Netz eingeklinkt, suchte ich schon fieberhaft nach „SucheLiebefürsganzeLeben“. Ja, sie war schon online und es war wunderschön ihre warmen Worte zu spüren. Sie verstand es Herzen mit Worten zu bewegen. Ich musste Ihr alles erzählen, es platzte alles aus mir heraus. Wie ich zu dem Urlaub gekommen bin, wie schön es hier ist und wie schön ich es finden würde, wenn sie jetzt hier, bei mir, wäre und wie schön ich es finde sie kennen gelernt zu haben und und und. Oh je, was hatte ich da in meiner Euphorie nur angestellt. Ich entschuldigte mich sofort für meine direkte Art. Es kam nur ein lachender Smily. Wie sollte ich das denn nun verstehen? Ich hatte Angst vor der nachfolgenden Reaktion, wollte aber nicht weiter in meiner ahnungslosen Situation verharren und forschte nach. Heraus kam, dass sie mittlerweile auch mehr für mich empfand als pure Freundschaft und sie mich gerne real kennen lernen und erleben möchte. Mein Herz machte Luftsprünge und ich fiel nach einem wirklich tollen gefühlvollen Gespräch überglücklich ins Bett.
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