von traily
„Vielleicht war es Tina“, doch leider war dem nicht so, es war Erika. „Was will die denn von mir, irgendwas stimmt doch da nicht“, fragte sich Melanie und verschwand erstmal auf der Toilette um in Ruhe zu telefonieren, denn es war einfach bei der Musik zu laut. Sie drückte auf Wiederholungstaste und es dauerte auch nicht lange bis sich eine verheulte Frauenstimme, welche Erikas war, meldete. „Endlich bist du mal erreichbar, Mela, es ist was passiert, was Schlimmes. Du musst sofort kommen, es ist was mit Tina“, erzählte sie aufgeregt und kaum verständlich weil so viel Geräusche im Hintergrund waren. „Ich bin in der Nähe von Tinas Wohnung, bei der Hauptstraße, beeil dich“, schon wurde aufgelegt, bevor Mela was sagen konnte. Melas Herz klopfte wie wild, „was war da passiert, hoffentlich nichts Schlimmes.“ Sofort lief Mela aus dem Club und rannte die Straße im Dunkeln entlang. Es war ein Stück bis zur Tinas Wohnung, etwa ein halber Kilometer. Doch das war ihr egal, als sie um die Straßenecke bog, sah sie schon lauter Menschen stehen, ein Polizeiauto und ein Krankenwagen mit Blaulicht, zwischen denen lauter Sanitäter und Polizei umherliefen. Melanie musste schlucken und ahnte schon Böses. „Tina ist was passiert.“ Sie konnte gar nicht zu Ende denken, da quetschte sich auch schon Erika durch die Menschengruppen, die hauptsächlich aus der Nachbarschaft von Tina bestanden, und kam direkt auf sie zu. „Da bist du ja endlich“, sagte sie etwas erleichtert, weil Melanie endlich da war, aber trotzdem sah sie noch weiß und verheult aus „Tina wurde vom Auto angefahren, überall Blut, der Notarzt wurde schon alarmiert und muss jede Sekunde kommen“, erzählte sie aufgeregt. „Wie angefahren“, fragte Melanie total aufgelöst, „ich verstehe nicht, wie ist es passiert?“
Erika erzählte ihr, wie es passiert war. „ Ich lag auf der Couch und auf einmal klingelte mein Handy, eine Männerstimme war dran und meinte, dass hier eine Frau angefahren wurde. Er sofort den Rettungsdienst alarmiert, doch die Frau war nicht ansprechbar. So hatte er ihre Handy genommen und die erstbeste Nummer rausgesucht, das war halt meine“, erklärte Erika, „ der Mann fragte mich dann, ob ich vorbei kommen könnte, weil er sonst nicht wüsste, wen er benachrichtigen könne.“ Nebenbei gingen sie zu der Unfallstelle, Melanie hatte bereits Tränen in den Augen und ihr stockte der Atem. Erika hatte Recht, hier war alles voller Blut. Die Rettungskräfte hatten alle Hände voll zu tun, da Tina immer noch bewusstlos auf dem Boden lag und es irgendwelche Komplikationen gab. Einen halben Meter entfernt stand das Unfallauto, es hatte nicht viel abbekommen, aber dafür der Fahrer, der wie gelähmt von einer Sanitäterin betreut wurde. Er war Käsweiß im Gesicht und hatte eine leichte Platzwunde am Kopf, die aber so nicht weiter tragisch war. Melanies Blick wanderten wieder zu Tina. Wie sie dalag, Melanie konnte kaum hinsehen, es kam ihr wie ein schlechter Traum vor, aus dem sie am liebsten wieder aufwachen wollte, doch leider war es Realität. Sie lief zu Tina, kniete sich neben sie hin und nahm ihre Hand. Ihr Gesicht war voller Blut, sie hatte eine große Platzwunde am Kopf, welche schon mit einem Druckverband umbunden wurde, aber das Blut schon wieder durchleuchtete. Dann schaute sie hinab, die Rettungskräfte haben ihr die Bluse aufgeknöpft um die Rettungsmaßnahmen vorzunehmen. Sie konnte die Prellungen sehen, ihr ganzer Körper war voll damit. Genauso wie ihr Arm, er war gebrochen, noch dazu ein offener Bruch. Auf einmal hörte sie eine Männerstimme hinter sie: „Bitte, machen sie etwas platz, wir müssen sie gleich Transportfähig machen, der Notarzt ist gerade an der Unfallstelle angekommen“, Melanie konnte erkennen, dass es ein Helfer war. Jetzt zitterte sie am ganzen Körper. „Was ist, wenn sie stirbt, ich konnte ihr nicht sagen, was ich für sie empfinden“. Hilflosigkeit konnte man aus Melanies Gesicht ablesen. Erika kam Näher und legte ihren Arm um sie, „Komm, die Rettungskräfte müssen Platz haben, ich weiß wie schwer es jetzt für dich ist, aber Tina spürt, dass du da bist, ganz sicher“, versuchte sie Melanie zu trösten. Sie gingen einige Schritte zurück, nicht ganz, denn Mela wollte in Tinas Nähe bleiben. Der Notarzt machte sich nun an Tina zu schaffen und verabreichte ihr Medikamente. Er schien nicht zufrieden mit Tinas Zustand zu sein. „So können wir sie noch nicht transportieren, sie ist noch zu instabil“, hörte Mela den Arzt zu dem Rettungsteam sagen. Sofort fing sie an zu heulen, sie konnte nicht mehr anders. Erika bemerkte es und nahm sie noch fester in den Arm „Sie schafft es“, versuchte sie Mela zu trösten, doch Mela wusste, dass sie genauso viel daran zu knabbern hatte, wie sie. Denn Tina war ihre große Liebe. „Erika, es tut mir so leid, dass was passiert ist, ich weiß das Tina sich wegen mir von dir getrennt hat, aber ich wusste bis vor Kurzem nichts davon“, sagte Melanie mit kaum hörbarer Stimme. „Es ist schon gut, gegen die Liebe kann man nichts machen und mir muss es Leid tun, ich hab dich nie gut behandelt, war immer so eifersüchtig auf dich“, erklärte Erika, „und jetzt weiß ich, dass ihr zwei zusammen gehört und ich nicht mehr zwischen euch stehen möchte.“
Die zwei Frauen hielten sich weiterhin fest und starrten wie gebannt auf das Geschehnis. Irgendwie war Melanie froh, dass Erika da war, trotz der Anfangsschwierigkeiten, die sie damals hatten, musste Mela feststellen, das Erika ein guter Mensch ist und vielleicht eine gute Freundin werden könnte.
„Ist hier eine Melanie“, rief auf einem ein Sanitäter in die Menge. Melanie erstarrte: „Ja, hier“. „Komm mal schnell her, die Patientin ist kurz bei Bewusstsein und hat nach deinen Namen gefragt.“
Mela ging zittrig zu Tina und nahm neben ihr Platz. Das Rettungsteam, das auch um sie rum stand, nahm sie nicht richtig wahr, sie hatte nur Tina, deren Hand sie nahm, im Auge. „Ich bin hier, Tina“, sagte sie mit leiser Stimme, sie wollte stark sein und nicht vor Tina heulen, doch es gelang ihr nicht, eine Träne kullerte ihre Wange runter, doch gleichzeitig huschte auch ein schwaches Lächeln über ihr Gesicht, den Tina schaute sie direkt mit ihren wunderschönen dunkelgrünen Augen an. Melanie fühlte nur noch Liebe für sie. „Mela, ich bin so froh, dass du da bist“, flüsterte Tina, wobei gleichzeitig sich ihr Gesicht vor Schmerzen verzerrte. Das Sprechen fiel ihr schwer, doch trotzdem redete sie mühsam weiter: „Ich möchte nur noch eins wissen, wieso wolltest du mich treffen“? „Tina, ich wollte dir sagen, dass ich dich liebe, aber mich nicht getraut habe, dir das schon früher zu sagen, vielmehr ich habe es mir nicht eingestanden“, erklärte Melanie sanft. Dabei sah sie ein Lächeln auf Tinas Gesicht: „Du liebst mich?“ „Ja!“ Tinas Augen wurden nass. Sie musste vor Glück weinen und sagte mit aller Kraft: „Ich liebe dich auch“, gleichzeitig bemerkte Mela, wie Tina ihre Hand fester drückte, doch wie auf einen Schlag wurde sie lasch. Mela erschrak: „Tina, Tinaa, was ist mit dir, Schatz?“ Keine Reaktion. Schon waren die Rettungskräfte da. „Keine Atmung mehr“, hörte Melanie den Arzt sagen. Sie bekam auf einmal Panik. Sofort wurde sie zur Seite gedrückt, Erika stand wieder neben ihr und hielt sie fest. Mela wehrte sich mit aller Kraft und wollte wieder zu Tina, aber konnte sich aus den Griffen nicht lösen. „Tina, nein, ich liebe dich doch so sehr“, rief sie, doch nichts kam zurück. Das Rettungsteam stand immer noch um Tina herum, bis der Notarzt nach einigen Minuten den Kopf schüttelte und sich umdrehte. Erikas Griff wurde auf einmal schwächer. Melanie löste sich und stürzte vor Tina auf die Knie und hielt sie in den Armen fest, drückte sie ganz an sich, das ganze Hemd verschmierte sie sich mit Blut, aber es war ihr in diesem Moment egal. Sie heulte und heulte und schrie: „Tina, bitte komm zurück, lass mich nicht alleine, ich brauch dich doch“, doch keine Reaktion, Tinas noch warmer Körper hing schlaff in Melas Armen. Melanie spürte nur noch Leere und Traurigkeit, die Menschenmenge und das Rettungsteam nahm sie nicht mehr wahr. Dann spürte sie eine Hand auf ihrer Schulter, es war der Arzt, der mit mitfühlender Stimme sagte: „Es tut mir so leid für sie, leider hat ihre Freundin es nicht geschafft, die Verletzungen waren zu stark, sie hat innere Blutungen bekommen, wir konnten leider nichts mehr machen.“
Melanie saß noch eine Weile so da, neben ihr stand Erika, die genauso aufgelöst und starr dastand. Bis ein Rettungssanitäter kam und Melanie aufhalf. „Kommen sie, ich gebe ihnen erst mal was zu Beruhigung.“ Melanie stand wie traumatisiert auf. Der Sanni und Erika stützte sie beim Gehen und führte sie zum Rettungswagen. Dort verabreichte der Arzt ihr erst mal ein Beruhigungsmittel und fragte Erika, ob sie sich um sie kümmern könnte. „Ja werde ich tun, ich bring sie nach Hause, mein Auto steht da gerade“, sagte Erika. Der Sannitäter half noch schnell Melanie ans Auto zu bringen, setzte sie auf den Beifahrersitz und schnallte sie an. „Sind sie sicher, dass sie fahren können“, fragte er Erika nebenbei. „Ja, es geht schon irgendwie, außerdem ist es nicht weit zu Melanies Wohnung. Danke noch mal für alles“, antwortet sie und setze sich ans Steuer.
Bei Melanie angekommen, versuchte Erika sie erst mal in die Wohnung zu bringen. Sie holte den Schlüssel aus Melas Hosentasche, schloss die Haustür auf und führte sie in die Wohnung, dabei machte sie das Licht an und suchte erst mal den Weg ins Schlafzimmer. Sie legte Melanie auf das Bett und zog ihr nur noch die Schuhe und die Hose aus und deckte sie zu. Als sie dann gerade aus der Tür gehen wollte, hörte sie Melanie fragen: „Ich möchte nicht alleine bleiben, Erika, kannst du bei mir im Bett schlafen?“ Erika drehte sich um und lächelte sie an „Ja, ich wollte eh hier übernachten, auf der Couch, es ist schon zu spät um nachhause zu fahren und alleine sein, möchte ich jetzt auch nicht, aber wenn ich bei dir schlafen soll, kein Problem.“ Sie ging nur noch schnell in den Flur, machte das Licht aus, stellte ihre Schuhe ab und ging wieder ins Schlafzimmer. Melanie schaute ihr dabei noch mit verheulten und müden Augen zu, wie Erika sich ihre Hose auszog. Sie hatte eine Boxershort an uns so kam sie ins Bett, lag sich neben Melanie hin, die immer näher an sie rutschte. Melanie umschlang sie mit ihrem Arm. Jetzt erst, im Dunkeln und Stillen, realisierte Erika, was passiert war. Tina war tot. Eine Träne lief ihr die Wange herunter, dabei musste sie zu Melanie schauen, die genauso hilflos und erschöpft dalag. Sie hatte die Augen geschlossen. Erika hatte so Mitleid mir ihr und dachte traurig: „Wahrscheinlich braucht sie eine Weile um das alles zu verarbeiten, sie hat ihre große Liebe verloren, bevor sie sie richtig gefunden hat, ich hatte wenigstens die Chance gehabt, mit Tina zusammen zu sein. Melanie hat sie leider nie bekommen...“
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