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Das Geschenk

von Passepartout


„Hi“ sagte ich zu ihr und sah ihr tief in die Augen.

„Äh, hi“ gab sie irritiert zurück. „Was darf´s sein?“
fragte sie aber gleich geschäftsmäßig, mit einem leicht arrogantem Gesichtsausdruck und hochgezogenen Augenbrauen, während sie den Kopf ein wenig zur Seite neigte.

„Ich hätte gerne…“ fing ich an und tat so, als studierte ich die Speisekarte des Fastfoodladens. „tja, ich hätte gern Pommes.“ Sie ging los und holte welche. „Darf´s sonst noch was sein?“ fragte sie höflich, aber ich merkte, dass sie wollte, dass ich schnell wieder gehen sollte. „Ja, ich hätt´ gern noch eine große Cola dazu.“ Wieder ging sie los, holte die Cola und stellte sie auf das Tablett. „Mit viel Eis bitte“ sagte ich zu ihr und konnte mir das schmunzeln nicht verkneifen. Sie warf mir nur einen wütenden Blick zu, schnappte sich den Becher und füllte den Rest des Bechers mit Eis auf. Mit blitzenden Augen knallte sie den Becher auf das Tablett, beugte sich leicht nach vorne und fragte ungeduldig „Und? Noch was?“ Ich sah sie ernst an und holte tief Luft. „Ja, ich wollte Dir zum Geburtstag gratulieren. Deswegen bin ich hier.“ Sie sah mich an, als hätte sie einen Geist gesehen. Ihr Mund stand ein wenig offen und sie schüttelte leicht den Kopf. „Du hast sie doch nicht mehr alle!“ warf sie mir an den Kopf.

„Kann schon sein. Aber glaubst du, ich bin umsonst in über 50 Läden gewesen, nur um jetzt bei Dir Pommes und ne Cola zu bestellen?“

Sprachlos sah sie mich an, die Leute hinter mir wurden schon ziemlich unruhig. „Hör zu, nimm bitte Dein Essen, setz Dich an irgendeinen Tisch und warte kurz. Ich werde gleich Mittag machen. Dann komm ich zu Dir an den Platz, Ok?“ „Ja, Ok“. Ich zahlte also das Essen und suchte mir einen Platz an dem ich auch rauchen konnte.

Minutenlang konnte ich sie noch beobachten, wie sie freundlich, selbstbewusst, aber auch nervös die Gäste bediente. Es dauerte nicht lange, bis sie zu mir an den Tisch kam und mich fassungslos mit ihren blauen Augen anstarrte. „War das vorhin Dein Ernst?“ „Was?“ fragte ich zurück. „Dass Du in über 50 Läden warst, um mich zu finden?“ „Ja, das war mein ernst. Es hat lange gedauert, um dich hier ausfindig zu machen. Ich wusste nicht, dass ihr hier in der Umgebung so viele Filialen habt“ und schmunzelte. „Aber warum?“ fragte sie betroffen. „Hab ich doch schon gesagt. Um Dir zum Geburtstag zu gratulieren und Dir Dein Geschenk zu bringen“ „Geschenk? Wir haben uns seit über 2 Jahren weder gehört, gelesen, noch gesehen. Und Du kommst einfach hierher, zu mir in die Arbeit, gratulierst mir und hast auch noch ein Geschenk für mich???“ Ungläubig sah sie mich an und schüttelte immer wieder den Kopf. „Willst Du es haben?“ fragte ich sie und sah sie aufmerksam an. Ich merkte, wie sie mit sich kämpfte und in diesem Moment wusste ich, dass sie den Kampf schon verloren hatte. „Ich weiß, Du kannst schlecht Geschenke annehmen, aber ich weiß auch, dass Deine Neugier zu groß ist“ und konnte mir das grinsen nicht verkneifen.

„Ganz schön fies“ gab sie zurück, musste aber selber lachen. „Du weißt es immer noch.“ „Klar, so was vergisst man nicht“

„Also? Was ist nun mit meinem Geschenk“ wollte sie ungeduldig wissen und sah neben mir auf dem Boden die Tasche stehen. „Moment“ meinte ich, griff zum Handy, wählte eine Nummer und meinte nur „Ok“ und legte wieder auf. Sie starrte mich nun vollends irritert an und meinte „Was war das denn?“ „Wirst du gleich sehen“. Bevor sie noch etwas sagen konnte, stand ich schon auf und ging auf einen großen Kerl zu, der „irgendetwas“ hinter seinem Rücken verbarg.

Ich nahm ihm das Geschenk aus der Hand, verabschiedet mich von ihm und ging wieder zum Tisch zurück. Die Hände immer noch hinter dem Rücken. Fragend sah ich sie an. Sie nickte, als Zeichen, dass sie bereit wäre, es zu nehmen. Ich holte einen großen Rosenstrauß hervor. Als sie die Rosen sah, schnappte sie nach Luft und rang um Fassung. Es waren keine gewöhnlichen Rosen. Nicht dieses allerweltsrot, sonder schwarz. Das dunkelste schwarz, was es für Rosen überhaupt gibt.

Immer wieder starrte sie von mir zu den Rosen und wieder zurück. „Du hast sie echt nicht mehr alle“ meinte sie mit glänzenden Augen und fing an zu lachen. Ich legte die Rosen vorsichtig vor ihr auf den Tisch und setzte mich wieder dazu. Minutenlang sahen wir uns schweigend an. Ich merkte, dass sie nun vollends verunsichert war und freute mich, dass es ihr gefiel. „Aber das ist noch nicht alles“ meinte ich. „Noch nicht alles?“ sie sah mich an, als hätte ICH den Verstand verloren. „Bevor noch was kommt, will ich erst wissen, warum ausgerechnet schwarze Rosen. Wie viele sind das überhaupt?“ „Erstens; es sind 33 Stück. Zweitens; weil es mal eine Zeit gab, in der du gesagt hast, dass das die Blumen sind, die du dir von einem Menschen wünschen würdest. Und du wolltest schwarz, weil es was absolut besonderes ist. Schwarz ist ungewöhnlich und schwer zu kriegen.“ Erklärte ich ihr und sah sie offen an. Ihre Augen füllten sich langsam mit Tränen und sie holte tief Luft. Sie musste ein paar mal schlucken, bevor sie wieder sprechen konnte. „Warum?“ fragte sie einfach nur.

„Weil ich nicht sein will, wie die anderen. Das wollte ich nie, und doch bin ich es gewesen. Vielleicht sogar noch schlimmer. Aber bevor das hier in einer endlosen Diskussion endet, möchte ich dir jetzt noch das andere Geschenk geben.“ Sie nickte nur und wischte sich die Tränen aus dem Gesicht. Ihre Augen spiegelten so viele Gefühle wieder, dass ich wegsehen musste, bevor sie mich erreichen konnten.

Ich bückte mich und holte ein paar Hefter und ein selbst gebundenes Buch hervor und legte es mit auf den Tisch. Sie schob die Rosen vorsichtig beiseite, als hätte sie Angst, dass sie gleich zerbrechen würden. „Was ist das alles?“ wollte sie erstaunt von mir wissen. Ich nahm einen Hefter und hielt ihn in beiden Händen fest. „Hm, das hier sind Dinge, die ich seit unserer letzten Trennung zusammengetragen habe. Es sind Briefe an dich, die ich nie abgeschickt habe. Es sind Gedanken, die ich mir gemacht habe, warum alles so ablief, wie es nun mal war. In diesen Unterlagen findest du Antworten, auf all die Fragen, die ich Dir nie beantwortet habe. Die ganze Wahrheit, die ich oft vor dir verheimlicht habe. Außerdem habe ich noch meine Träume von Dir festgehalten. Und es sind Zeichnungen mit dabei.“ Sie wollte schon langsam nach der Mappe greifen, aber ich hielt sie davon ab. „Das hier sind Zeichnungen. Sie stellen Dich in den verschiedensten Situationen dar. Sie zeigen dich, wie ich dich gesehen habe oder auch, wie ich dich heute noch sehe.“ Ich machte eine kleine Pause. „Bist du sicher, dass du das alles sehen willst? Es sind etliche Sachen dabei, die dir nicht schmeicheln, weil es Situationen waren, in denen ich sehr verletzt und traurig war. Ich habe mit Sicherheit einiges beschönigt oder noch schlimmer dargestellt, als es war. Du bist nicht immer gut dabei weggekommen. Ich habe über Dich geschimpft und hab mich eben darüber ausgelassen.
Wahrscheinlich habe ich in einigen Briefen mit dir abrechnen wollen und Dir die Schuld an allem geben. Ich war manchmal wirklich richtig böse. Aber es gibt auch andere Sachen. Positive Gedanken und Briefe. Sonst wäre ich nicht hier.“ Sie hörte sich meine kleine Rede geduldig und aufmerksam an, während sie mich von Kopf bis Fuß musterte. „Du siehst übrigens gut aus“ stellte sie fest. „Äh, danke“ meinte ich schüchtern und auf einmal gar nicht mehr so selbstsicher, wie ich es paar Minuten vorher noch war. „Ja, du siehst echt zufrieden aus. Was ist mit dir passiert?“ wollte sie freundlich von mir wissen. „Ich musste in den letzten Jahren viel über das Leben lernen. Sachen, die Du mal eine Zeit lang von mir erwartet hast, die ich Dir nicht geben konnte. Ich musste lernen, mich selbst so zu mögen, wie ich bin. Ich musste mit mir und mit meinem Umfeld lernen zu leben, anders mit bestimmten Sachen umzugehen.“ „Aber irgendwas fehlt Dir“ stellte sie ruhig fest. Ich biß mir auf die Lippen und sah ihr tief in die Augen. „Ja, mir fehlt etwas. Aber das gehört jetzt nicht hierher.“ Mit diesen Worten übergab ich ihr die Mappen und das gebundene Buch. Die Vorderseite des Buches war mit einer Handzeichnung von ihr versehen. Sie sah sich das Bild lange an und blätterte langsam die anderen Zeichnungen durch. Bei einigen Bildern verschlug es ihr fast die Sprache. „Das hast du alles selbst gezeichnet?“ fragte sie, ohne den Blick von den Bildern zu nehmen. „Nein, ich habe es zeichnen lassen. Alleine hätte ich das so nie hinbekommen. Und ich wollte, dass es perfekt ist.“

Wieder schluckte sie und sah mich liebevoll an. „Mir fehlen grad echt die Worte“ sagte sie leise. „Hm, ich muss jetzt auch gehen. Und du musst ja jetzt eh weiter arbeiten“ teilte ich ihr ohne Vorwarnung mit. „Aber…. aber… Wieso willst du schon gehen? Ich muss nicht mehr arbeiten. Ich hab das mit der Pause nur gesagt, damit du schneller gehst, aber jetzt will ich gar nicht mehr, dass du gehst“ Ihr Blick drückte Hilflosigkeit und doch Wärme aus. „Ich würde gern, glaub mir. Nichts wünsche ich mir mehr, als in deiner Nähe zu sein. Und genau deswegen muss ich jetzt gehen.“ Langsam stand ich auf, ohne den Blick von ihr zu wenden. Ich packte die ganzen Hefter und das Buch wieder zurück in die Tasche und stellte es neben den Stuhl. „Die Tasche gehört dazu“ meinte ich nur und lächelte traurig. Ich beugte mich zu ihr hinunter und gab ihr einen leichten Kuss auf die Wange. Aber anstatt gleich wieder hochzugehen, legte ich meine Wange an ihre und genoss kurz die Ruhe und Wärme, die von ihr ausging. „Mach´s gut“ flüsterte ich ihr ins Ohr. „Und vergiss mich nicht.“

Mit diesen Worten drehte ich mich von ihr weg und war schon ein paar Schritte von ihr entfernt, als sie leise nachrief „Wann sehe ich dich wieder?“ Ich drehte mich leicht um und sah sie nur wortlos und mit unendlich traurigen Augen an, während ich langsam den Kopf schüttelte. „Gar nicht“, damit drehte ich mich um und verschwand schnell aus dem Lokal.



copyright © by Passepartout. By publishing this on lesarion the author assures that this is her own work.



comments


wieso???
interferenza - 18.10.2006 23:09
aber...
yellow23 - 14.10.2006 17:29
Super
BlueEye92 - 14.10.2006 14:44
super
traily - 14.10.2006 12:38
WOW WOW WOW
..das ist..überragend, toll, so gefühlvoll,herzlich, traurig...

unnd ich will nicht das es schon vorbei ist!!!Bitte nicht!
Ardnas20 - 11.10.2006 18:34

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