von keksWillow
4. Kapitel
Als ich wieder aufwache, ist es hell und ich liege allein im Bett. Ich bleibe noch ein wenig liegen, da ich Angst bekomme, dass, wenn ich aufstehe und zu ihr gehe, wieder alles vorbei sein soll.
Es dauert nicht lange, da höre ich jemanden die Treppe hinaufkommen. Die Tür geht auf und Karen kommt mit einem Tablett herein. Sie hat sich nur ihren Morgenmantel übergezogen, diesen jedoch nicht zugemacht. Ich schaue sie ein wenig verlegen an.
„Na, gut geschlafen? Wie sieht’s aus, hast du Hunger? Wie wäre es mit Frühstück im Bett?“, fragt sie mich lächelnd.
„Ja klar, gern“, antworte ich begeistert.
Sie setzt sich zu mir ins Bett und wir essen gemeinsam Frühstück. Manchmal füttern wir uns oder küssen uns. Es ist so schön, dass ich gar nicht glauben kann, dass es real ist.
„Wann musst du wieder daheim sein?“
„Ich will nicht nach Haus, ich möchte bei dir bleiben!“, antworte ich ein kleinwenig gekränkt. Warum, muss sie auch gerade jetzt damit anfangen.
„Hey, Schnucky! Nicht sauer sein, du kannst von mir aus gern noch hier bleiben! Ich will dich nicht rausschmeißen, bin doch froh wenn du...“
Das Telefon klingelt.
„Ich komm gleich wieder, nicht weggehen!“, mit diesen Worten verlässt sie das Zimmer und geht zum Telefon, welches im Flur steht.
Da sie die Tür nicht richtig geschlossen hat, höre ich, mehr oder weniger unfreiwillig, das Gespräch mit. Karens Stimme klingt gereizt, nachdem sie gehört hat, wer am anderen Ende ist: „Nein, ich habe heute keine Zeit. Das habe ich dir gestern Abend schon gesagt.“
Es Muss die Frau sein, die gestern schon hier war. Karen scheint ja nicht gut auf sie zu sprechen sein.
„Ja, ich bin nicht allein. Gut. Bye.“ Karen kommt wieder, sie sieht nicht sehr freundlich aus.
„Magst du noch was essen?“, frage ich sie vorsichtig.
Sie antwortet nicht und setzt sich mit dem Rücken zu mir auf die Bettkante. Ich robbe zu ihr und massiere ihre Schultern. Sie lehnt ihren Kopf zurück auf meine Schulter und seufzt.
„Was ist los. Schlechte Nachrichten?“, möchte ich von ihr wissen.
„Erinnerst du dich noch an die Frau, die du gesehen hast, als du das erste Mal bei mir warst? Die mit den langen schwarzen Haaren.“
„Ja klar, was ist mit ihr?“
„Das ist meine Ex-Freundin Jenny. Sie wollte an diesem Tag noch einmal mit mir reden. Wir hatten uns kurz vorher getrennt und sie will mich wohl wieder zurück. Nun ja. Jetzt denkt sie, dass ich etwas mit dir habe, was ja an sich nichts Schlimmes ist und auch stimmt. Aber sie forscht gerne nach und sie will unbedingt noch einmal mit mir reden.“
„Du glaubst, sie weiß es?“
„Das du meine Schülerin bist? Ich glaube ja.“
Ich lege meine Arme um sie. Was soll ich dazu noch sagen. Es läuft halt nie so, wie man es gerne hätte.
„Und was nun?“, frage ich sie vorsichtig.
„Wenn ich das wüsste.“
Sie dreht sich zu mir um und küsst mich leidenschaftlich.
„Lass uns aufstehen. Am besten rufst du jetzt erst mal deine Mom an. Ich hoffe du kannst noch ein wenig hier bleiben, ich möchte nicht allein sein und dann sehen wir weiter.“
Sie klingt traurig und ein wenig niedergeschlagen. Es tut mir weh, sie so sitzen zu sehen und nix daran ändern zu können.
Traurig tapse ich zum Telefon und rufe meine Mom an. Etwas verschlafen nimmt sie ab. Es scheint ziemlich spät geworden zu sein bei ihr. Ich sage ihr, dass ich bei einer gemeinsamen Freundin von Caro und mir bin. Erst ist sie nicht so richtig damit einverstanden, das ich den Tag hier bleibe, doch als ich ihr die Telefonnummer gebe, ist sie beruhigter.
Als ich zurück ins Schlafzimmer komme, ist Karen schon angezogen und strahlt mich an: „Los komm, zieh dich an, wir gehen ins Kino und danach etwas leckeres Essen. Ich mag heut nicht mehr hier rumhocken und warten, dass die Zeit vergeht. Lieber will ich mit dir unterwegs sein und die Zeit genießen.“
Mit diesen Worten verlässt sie das Zimmer und lässt mich ein wenig perplex zurück. Ich ziehe mich so schnell, wie es möglich und verschwinde noch kurz im Bad um nicht ganz so zerwühlt auszusehen. Gerade als ich vor dem Spiegel stehe und meine Haare bürste kommt Karen herein, fasst mich an der Hüfte und küsst meinen Nacken. Ihre Lippen sind so weich und ihre Küsse so sanft und doch leidenschaftlich.
Wir fahren in die Stadt und gehen in mein Lieblingskino. Karen ist fröhlich, doch irgendwie habe ich das Gefühl, dass es nur eine Maske ist. Wir entscheiden uns für eine Liebeskomödie und sitzen während des ganzen Filmes eng aneinander gekuschelt in den Kinosesseln.
Nach dem Kino lädt sie mich noch in ein chinesisches Restaurant ein. Wir reden über den Film.
Ihr Lachen hat so etwas Beruhigendes für mich. Dieser Tag ist einfach nur perfekt. Etwas zu perfekt.
Wir fahren wieder zu ihr. Da wir es erst gegen Sechs haben und ich sowieso noch meine Sachen von ihr holen muss, bevor sie mich heimbringt. Bei ihr angelangt, sehe ich, dass im Haus noch Licht brennt, doch es scheint mir nicht so wichtig. Karen öffnet mir die Tür und geht vor, bis sie, wie angewurzelt, stehen bleibt.
„Hey, Schatz. Was ist denn los?“, frage ich gut gelaunt.
„WAS MACHST DU DENN HIER?“, schreit sie auf einmal ins Zimmer.
Ich schaue an ihr vorbei und entdecke diese Frau mit den langen schwarzen Haaren. Sie sitzt auf dem weißen Ledersessel und ist nur mit einer roten Krawatte und einem geöffnetem Bademantel bekleidet.
„ICH HABE DIR DOCH GESAGT, DASS ICH DICH NICHT SEHEN WILL! VERSCHWINDE AUS MEINEM HAUS!“
Karen scheint sich gar nicht zu beruhigen. Sie greift nach meiner Hand und gehen langsam ins Wohnzimmer.
„Ach, Süße. Was stellst du dich so an? Das hat dich doch sonst immer angemacht.“
Während Jenny redet, spielt sie an der Krawatte herum.
„Was an dem Satz, Es ist aus! hast du nicht verstanden?!“
Karen zieht mich hinter sich hervor. Sie hatte mich die ganze Zeit einwenig zurückgedrängt, da sie anscheinend nicht wollte, dass ich mit reingezogen werde.
„Ah, das ist wohl deine Neue, ich habe nichts dagegen, wenn sie mitmacht! Süß ist sie ja, die Kleine.“
Karens Händedruck wird stärker, so wütend habe ich sie noch nie erlebt, selbst in der Schule nicht.
„Pass auf, was du sagst, Jenny! Verlass jetzt sofort mein Haus und wage es nicht, hier wieder aufzutauchen!“
Karen geht auf einen Wäschehaufen zu, der Jenny zu gehören scheint. Sie schmeißt ihr ihre Klamotten hin.
„Anziehen kannst du dich auch draußen“, mit diesen Worten weist Karen sie zur Tür.
„Ist ja gut, du bist aber heute verklemmt.“
Jenny steht auf und geht zur Tür. Als sie an mir vorbei kommt, sagt sie: „Mich vergisst sie so schnell nicht. Ich glaube kaum, dass du Baby ihr das geben kannst, was eine so erfahrene Frau braucht!“
Sie geht sie hinaus. Ihre Worte hallen noch ein paar Sekunden in meinem Kopf nach. Ich fühle mich schlecht, denn sie hat Recht. In mir kommen starke Zweifel auf.
„Es tut mir leid, dass du das miterleben musstest. Mach dir aber wegen ihr keine Gedanken. Sie leidet im Moment an gekränktem Stolz, das ist alles. Es kommt nicht sehr oft vor, dass sie zurückgewiesen wird.“ Karen steht im Türrahmen und schaut mich an.
Einige Minuten stehen wir so da und schauen uns an. Ihre Augen funkeln vor Wut. Ich gehe hoch und suche meine Sachen zusammen. Karen schaltet unten ihre Anlage ein: Dido.
Als ich runter komme, sehe ich sie im Sessel sitzen und eine rauchen. Ich gehe zu ihr und schaue tief in ihre Augen.
„Was hat sie zu dir gesagt?“, fragt sie mich und wendet ihren Blick ab.
„Nichts Wichtiges“ antworte ich so beiläufig, wie es nur geht. Sie schaut mich durchdringend an. Ich setze mich auf ihren Schoß und streiche ihr über das Gesicht.
„Mach dir keine Gedanken,“ sage ich ihr. Karen legt ihr Zigarette in den Aschenbecher, legt ihre Hände auf meinen Hintern und zieht mich zu sich.
„Weißt du eigentlich, dass du unglaublich bist?“, sagt sie leise.
Ich schaue sie nur fragend an, da ich nicht weiß, was sie damit meint.
„Ich kenn doch Jenny, sie wird bestimmt irgendetwas gesagt haben, was dich getroffen hat. Doch du willst partout nichts sagen, damit ICH mir keine Gedanken machen muss und was ist mit dir? Du machst dir doch bestimmt Gedanken darüber und das will ich nicht! Nicht wegen etwas, was SIE gesagt hat!“
„Ja schon, aber es ist echt nicht so wichtig“, antworte ich ihr unsicher.
„Nun sag schon.“
Widerwillig gebe ich nach: „Sie hat gemeint, dass du sie so schnell nicht vergessen wirst, da ich ‚Baby‘ nicht weiß, was so eine erfahrene Frau, wie du brauchst.“ Ich wende meinen Blick von Karen ab.
„Hey! Los, sieh mich an, das hat dich ziemlich getroffen, nicht wahr?“
Sie dreht meinen Kopf zu sich und schaut mich liebevoll an.
„Glaub das bloß nicht, klar. Das ist totaler Schwachsinn!!!“
Ich antworte ihr nicht, sondern gebe ihr einen Kuss.
„Komm, wir müssen los. Hast du alle deine Sachen?“ fragt sie mich lächelnd. „Ja, ich glaub schon, von mir aus können wir los.“
Ich stehe auf und wir gehen zu ihrem Wagen. Aus irgendeinem Grund genieße ich diese Fahrt. Karen rast nicht so, wie das letzte Mal und sie sieht gut gelaunt aus. Aus dem Radio schallen uns irgendwelche Lieder entgegen, welche ich nicht kenne, aber Karen. Sie singt lauthals mit. Ich schaue einfach nur lächelnd aus dem Fenster. Mir wird ein wenig wehmütig bei dem Gedanken die Nacht alleine verbringen zu müssen und ich hoffe das die Autofahrt nie endet.
Doch nach rund einer dreiviertel Stunde sind wir bei mir angekommen. Ich verabschiede mich von ihr und steige aus. Sie hupt noch einmal und fährt dann los. Ich schließe die Haustür auf und gehe hinein.
„Bin wieder da“, rufe ich.
„Pssst,“ ist die einzige Antwort, die ich aus dem Wohnzimmer bekomme.
Ich hänge meine Jacke auf und stelle mich in den Türrahmen zum Wohnzimmer. Da sitzen sie, meine Mom und meine Schwester, wie gefesselt vor der Glotze und schauen sich irgendeine Soap an.
„Falls mich jemand sucht, ich bin oben,“ gebe ich Bescheid.
„Ja ja!“ Bevor sie mir noch erzählen, wer gerade wem das Herz gebrochen hat, gehe ich hoch und haue meine Sachen in die Ecke. Beim umziehen fällt mir ein, dass Caro sich noch bei mir melden wollte, also suche ich mein Handy aus meinen Sachen. Natürlich: fünf SMS. Wenn man es einmal nicht mithat, wollen gleich alle etwas von einem. Neugierig überfliege ich alle SMS. Typisch Caro schickt mir drei Kurzmitteilungen und beschwert sich, dass sie nicht weiß, wo ich bin und wer mich da abgeschleppt hat.
Sie sagt es mir doch auch nicht. Die beiden anderen SMS sind von zwei Freunden, die sich seit Monaten mal wieder melden und wissen wollen, wie es mir wohl geht. Nun gut, ich entschließe mich, Caro kurz anzurufen, obwohl ich weiß, dass man mit Caro nicht kurz telefonieren kann.
Ich bekomme nur eine kurze Begrüßung von ihr und dann beginnt das Verhör.
„Also, wer war das? Kanntest du sie schon vorher? Warst du den ganzen Tag bei ihr und ist es etwas Ernstes mit euch?“
„Nun mal langsam, ja ich war den ganzen Tag bei ihr und ja ich kannte sie auch schon vorher. Ich glaub auch, das heißt, ich hoffe, dass es was Ernstes ist. Für mich auf jedenfall und für sie glaub auch.“
„Woher kennst du sie und wie lange schon? Was macht sie beruflich, wie `ne Schülerin sieht sie nicht aus, dafür ist sie zu alt. Wie alt ist sie überhaupt und warum hast du mir nicht erzählt, dass du sie kennst?“
Caro kann wirklich reden ohne Luft zu holen. Schlimm! Sie ist meine beste Freundin und ich vertraue ihr sehr, doch weiß ich nicht ob ich ihr wirklich alles sagen soll.
„Nun komm schon, spann mich nicht so auf die Folter!“, fängt sie an zu betteln und ich weiß, dass sie nicht eher aufhört, ehe ich ihr alles sage, was sie wissen will. Also entschließe ich mich ihr alles zu erzählen.
Sie kann es gar nicht richtig fassen.
„Deine Lehrerin??? Man ey, warum musst du dir immer sowas kompliziertes suchen?! Du weißt schon, dass sie sich strafbar macht, oder? Klar weißt du das. Da muss es euch wirklich ernst sein. Ich halt dicht, keine Bange! Von mir erfährt keiner was. Diese Jenny ist ja echt krass drauf, das gefällt mir.“
„Das ist mir klar, dass dir das gefällt.“ Ich muss lachen.
„Vielleicht können wir ja mal zusammen weggehen, vorrausgesetzt, sie hat nichts dagegen?“
„Solange du die Finger von ihr lässt, klar.“
Wir müssen lachen. Ich bin froh eine Freundin wie Caro zu haben, mit der ich wirklich alles bereden kann. Wir reden noch eine Weile über Gott und die Welt, bis sie von ihrer Familie zum Essen gerufen wird.
Ich lege mein Telefon weg und als ich mich gerade gemütlich auf meine Bett sinken lassen will, meldet sich mein Handy mit einem schönen ‚Piep‘ Sie haben eine neue Nachricht.‘ Ich frage mich von wem, da ich die Nummer nicht kenne. Ich öffne die Nachricht und da ist mir alles klar.
‚Na Süße. Da staunst du! Dreimal darfst du raten, wer ich bin, aber ich glaube das weißt du auch so. Wozu es doch gut ist, Lehrer zu sein ;-). Ich wollte dir eine gute Nacht und süße Träume wünschen, außerdem wollte ich dir sagen, dass ich die Zeit mit dir sehr genossen habe und hoffe das es dir genauso geht. Karen’
Als Lehrer kann sie an unsere Persönlichen Daten ran, deshalb hat sie meine Handynummer. Zuerst speichere ich ihre Nummer und antworte ihr dann. Wir schreiben uns vielleicht zehn SMS, dann schlaf ich ein.
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